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Dann ist es endgültig Nacht über der Straße. Kappe fährt gerne in die Dunkelheit hinein. 248 Kilometer Nacht bis Berlin. Er folgt nur noch dem Lichtkegel seiner Scheinwerfer. Kasernen, Neubaublocks und Alleebäume ziehen vorbei. Entgegenkommende Wagen blenden auf und ab. Um das Rauschen der Reifen auf dem Landstraßenbeton zu übertönen, schaltet Kappe das Radio an. Erst findet er nur Frequenzknistern, dann ein Lied von den Puhdys, Wenn ein Mensch kurze Zeit lebt. Regenmusik. Kappe ist erst 33, er kann Nazareth oder Gary Glitter trotzdem nichts abgewinnen. Dieses Hysterische im Rock, das ihm eine Zeit lang erfrischend erschien, kommt ihm nun aufgesetzt vor. Die Stones hat er seit dem lächerlichen Waldbühnen-Konzert abgehakt. Ein Musiker, der bei einem Liveauftritt versagt, ist kein Musiker. Also hat Kappe nach dem Umzug seine Blue-Note-Scheiben wieder rausgekramt. Aber wenn er im Osten leben würde, würde er wohl auch die Puhdys hören.

Kappe ist, was sich in trotziger Umdeutung der prekären Rumpfexistenz dieses Fleckchens Erde einen freien West-Berliner schimpft. Er hat ein Jahr im Wendland gelebt, dann ist er freiwillig zurückgekehrt. Er müsste eigentlich Selbstbewusstsein und Schwung haben, sich auf sein stolzes Zuhause freuen, dieses Leuchtfeuer der Freiheit, dieses Schaufenster des Westens. Auf Frau und Tochter müsste er sich freuen. Aber zu Hause gibt es Diskussionsbedarf. Nur ist Kappe zu feige, das Problem anzusprechen. Und das, obwohl er als Laberbulle beim Diskussionskommando des Referats MEK 5 in Krisenkommunikation geübt ist. Er ahnt, dass Sarah nicht mit sich über ihren neuen, mit Wochenend- und Nachtschichten verbundenen Arbeitsplatz im Rudolf-Virchow-Krankenhaus verhandeln lässt. Aber wohin mit dem Kind?

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