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Im Jahr danach wurde die „Lichtsekte“ immer mächtiger. Sie umfasste bald mehr als fünfhundert Millionen Mitglieder und war mittlerweile von Teilen der Scientology-Bewegung unterwandert worden. In einem Akt der Verzweiflung hatten sich nach langwierigen Geheimverhandlungen der Papst, der oberste islamische Gelehrte der Universität Kairo, die orthodoxen Patriarchen und israelischen Oberrabbiner auf eine gemeinsame Position geeinigt und zusammen mit der evangelischen und anglikanischen Kirche die Grundsatzerklärung ‚Kehret um‘ veröffentlicht. Darin wurden die Menschen inständig dazu aufgerufen und ermutigt, auf den Pfad der Tugend und der Vernunft zurückzukehren und sich der Bewältigung der Gegenwartsprobleme zuzuwenden, anstatt irrationalen Heilsversprechen zu folgen. Dem schlossen sich der iranische Wächterrat, die Führung der kommunistischen Partei Chinas sowie die Staaten Tadschikistan, Finnland, Uruguay und Gambia an. Trotz aller medialen Aufmerksamkeit, die das Papier weltweit erlangte, half aber auch dieser Versuch nichts mehr. Das geschätzte Vermögen der „Lichtsekte“ war im Jahr 2025 auf über achthundert Milliarden Dollar angewachsen und ermöglichte deren grauen Eminenzen, massiv Einfluss auf die anstehende US-Präsidentschaftswahl auszuüben. So wunderten sich nur wenige, dass dieses Mal ein religiöser Fanatiker in das Amt des bis dahin mächtigsten Politikers der Welt gehoben wurde. Eine seiner ersten Amtshandlungen bestand darin, die immer noch in Streit stehenden Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer in einer Nacht- und Nebelaktion militärisch zu besetzen, um auf das zwei Jahre zuvor erlassene Exportverbot Chinas für seine einheimischen Waren zu reagieren. Die Bedeutung all dessen konnte ich selbst als Sechstklässler nicht annähernd einschätzen. Mama und Papa hatten tagelang nur noch Nachrichten verfolgt, wenn sie nicht auf Arbeit oder zum Einkaufen waren und entsprechend besorgte Mienen aufgesetzt. Ich sprang auch ganz aufgeregt umher und natürlich fragte ich, was denn los sei und wie das alles zusammenhänge. Sie erklärten alles geduldig, aber vieles – insbesondere die Hintergründe der akuten Gefahr – blieben mir schleierhaft. Wann würden die Chinesen zurückschlagen? Das kann nicht gut gehen. Würden sie Amerika mit Atomwaffen angreifen? Aber China griff trotz der Versetzung seiner Streitkräfte in den höchsten Alarmzustand und der Anordnung der Generalmobilmachung nicht ein, sondern brach stattdessen wenige Tage später die diplomatischen Beziehungen zu den USA vollständig ab. Deren Ansehen in der Welt war durch diese Aktion endgültig ins Bodenlose gerutscht. Die britischen und französischen Abfangjäger, die – ebenfalls mit Atomwaffen bestückt – mit schon laufenden Motoren in den europäischen Hangars bereitgestanden hatten, wurden wieder geparkt und unter ihren Planen versteckt. Man atmete auf und auch ich atmete mehrfach gut hörbar durch, obwohl ich nichts verstanden hatte. Nur die Bilder der zerstörten Städte in Syrien kamen mir erneut in Erinnerung.

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