Читать книгу Der verborgene Dämon. Roman онлайн
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Ich fragte unseren Politiklehrer, was denn eine „Verschwörungstheorie“ sei. Er schmunzelte und meinte, das sei eine Methode, um missliebige Wahrheiten als vermeintliche Lügen darzustellen. Man muss dieses System nur einmal etabliert haben, dann funktioniert es. Und zwar nach beiden Seiten: Genug Verwirrte in der Welt nerven mit ihren hanebüchenen Geschichten. Zum Beispiel solche, die behaupten, eine Mondlandung hätte niemals stattgefunden. Diese Leute kann man getrost als Verschwörungstheoretiker hinstellen, was in diesem Fall den Vorteil bietet, sich selbst auf die Seite der Sachlichkeit und Objektivität zu schlagen. Hat man dies mehrfach öffentlich glaubhaft getan, kann jeder Andere, der tatsächlich wissenschaftlich exakt vorgeht, aufmerksam beobachtet, ehrliche Notifikation betreibt und die Seriosität zu seinen Prinzipien zählt, bei allem, was er äußert, ebenfalls als Verschwörungstheoretiker denunziert werden, was in diesem zweiten Fall den Vorteil bietet, auch wahre Informationen wunderbar verunglimpfen zu können. Ich war erschrocken darüber, mit welcher Raffinesse sich die Leute gegenseitig hinters Licht führen. Unser Lehrer muss meine verzweifelte Miene wohl richtig gedeutet haben und ergänzte, dass rechtschaffene Methodenkompetenz sich solcher Verfahren ja nicht unbedingt bedienen müsse. Das verstand ich nicht wirklich, grinste aber erstmal sehr wissend und war froh, dass die Schule für heute vorbei war. Am Nachmittag wachste ich die Skier und begab mich auf den Weg zu Gabi aus der Nachbarklasse, um sie zu einer kleinen Tour durch den verschneiten Wald hinter unserem Wohngebiet zu überreden. Ich klingelte. Ihre Mutter öffnete und schüttelte bedauernd den Kopf. Gabi sei heute mit ihrer Freundin in die Stadt gefahren. Die Tür fiel ins Schloss und ich stand etwas ratlos und enttäuscht auf meinen Skiern. Dann eben doch nur eine kleine Tour allein, es wird sowieso bald dunkel. Ich kann anschließend auch noch die Hausaufgaben für nächste Woche anfangen, nahm ich mir vor. Später, nach dem Abendessen saß ich – wie so oft – mit den Eltern vor dem Fernseher. Wir unterhielten uns über verschiedene Alltäglichkeiten und schauten die Nachrichten. Danach fesselte uns ein interessanter Beitrag, in dem Meteorologen und Experten angrenzender Fachgebiete auf Veränderung der Passatwinde im Indischen Ozean hinwiesen. Der indische Monsun als Ganzes stellte bisher eine verlässliche Klimaerscheinung mit nur relativ geringfügigen Schwankungen im Verlauf längerer Zeiträume dar. Doch man zeigte anschaulich, wie die Passatwinde der unteren Troposphäre die Richtungsstabilität der jährlichen Monsunströmungen verändern. Alle warnten eindringlich davor, dass in diesem Jahr mit frühzeitig einsetzenden und starken Monsunregen zu rechnen sei. Mit Nachdruck rieten die Wissenschaftler den betroffenen Ländern, umfangreiche Vorbereitungs- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Vater zog ein erstauntes Gesicht und Mutter meinte, dass das alles merkwürdig sei. Als der Abend zu Ende ging, dachte ich noch an Gabi. Vielleicht mochte sie nicht Ski fahren? Aber der Winter ist ja schon fast vorbei, dann kommt wieder die Fahrradsaison. Anderentags sah ich Gabi in der Pause auf dem Schulhof, aber sie zeigt mir die kalte Schulter und unterhielt sich auffällig lange mit einem Jungen aus einer der Klassen über uns. Dafür stand jetzt ihre Freundin leicht gelangweilt daneben.