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»Das ist aber jetzt nicht der Gute.«
Richard deutete ein Achselzucken an. »Schwer zu sagen. Es gab vor ein paar Jahren in Börsenkreisen mal ein bisschen Aufregung, weil man meinte, eine seiner Zeitungen habe das Gerücht gestreut, eine italienische Bank sei pleite, was zur Pleite dieser Bank führte. Aber dass er dahintersteckte, ließ sich nicht beweisen. Groschenkamp hat es bislang geschafft, sich so gut wie ganz aus der öffentlichen Aufmerksamkeit herauszuhalten.«
»Dann sollten wir ihn mal besuchen.«
»Dafür gibt es nicht den geringsten Grund, Lisa.«
Ich gab Richard einen Stoß gegen die Schulter. »Dann streng dich halt ein bissle an!«
Richard fing sich mit einem raschen Schritt und schnappte meine Hand. »Das tue ich ja.« Er zog mich an sich. Ein feines Lächeln erschien auf seinen Lippen. »Nur Geduld.«
Richard lächelte selten und nie aus sozialtaktischen Gründen. Er gehörte zu den Männern, die bei Begrüßungen ernst blieben, insbesondere wenn sein Gegenüber mächtig war und die Geste freundlicher Unterwerfung erwartete. Richard hielt es mit Luther, er fürchtete nur Gott, und manchmal hatte ich den Verdacht, nicht einmal den. Aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen hatte er sich jedoch vor etlichen Jahren entschlossen, sich mir mit Haut und Haaren auszuliefern. Dabei hätte er jede haben können. Er war zwar kein schöner, aber ein attraktiver Mann, eher klein, dafür gut trainiert mit sturer Stirn, bissigem Kinn, heftiger Asymmetrie um die Augen und Zähnen, die niemals von einer Zahnspange in Reih und Glied geschraubt worden waren. Wenn er sie zeigte, war er deckungslos, und ich wusste dann wieder, warum ich den Affen im Anzug in mein Leben, meine Möse und meine Wohnung gelassen hatte. Wobei Letzteres am schwersten wog.