Читать книгу Auf leisen Sohlen. Der 28. Kappe-Fall. Kriminalroman (Es geschah in Berlin 1964) онлайн
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Um sein Wissen etwas zu erweitern, wollte sich Peter Kappe nun diesen Vortrag der Nachbardisziplin zur Geschichte und Praxis der Gerichtsmedizin anhören. Wer daran teilnehmen wollte, musste sich auf eine kleine innerstädtische Reise einstellen. Der theoretische Teil begann in der Hittorfstraße 18 in Dahlem, in einer Villa, die man dem Lehrstuhl für gerichtliche und soziale Medizin der Freien Universität Berlin überlassen hatte.
Ein Doktor Klein begrüßte die rund zwanzig Zuhörer. «Ich heiße Sie in unseren heiligen Hallen herzlich willkommen! Die Gerichtsmedizin hat in Berlin eine lange Tradition. Gerichtsärztliche Tätigkeiten können wir bereits für das 17. Jahrhundert nachweisen. Später wurde das sogenannte Stadtphysicat gegründet. Die ersten forensisch-medizinischen Vorlesungen fanden ab 1724 am Collegium medico-chirurgicum statt. Besonderes Interesse fanden damals Schusswunden. Für die Charité wurde 1811 das erste Berliner Leichenschauhaus errichtet. Ein Neubau an der Hannoverschen Straße 6 wurde dann 1886 fertiggestellt. Hier befanden sich nicht nur das Institut für Staatsarzneikunde, sondern auch das polizeiliche Leichenschauhaus und das Leichenkommissariat. Da die Hannoversche Straße heute in Ost-Berlin liegt, führen wir West-Berliner Gerichtsmediziner gerichtlich angeordnete Leichenöffnungen vorzugsweise in der Pathologie des Krankenhauses Moabit durch. Im nächsten Jahr bekommen wir aber ein neues Polizeiliches Leichenschauhaus in der Invalidenstraße. Ich bitte Sie also, mit dem eigenen Ableben noch ein wenig zu warten, damit Sie es bei der Obduktion auch wirklich feudal haben. Ehe wir uns nun an den Obduktionstisch in Moabit begeben, schnell noch etwas über den Unterschied zwischen einem Pathologen und einem Gerichtsmediziner. Verwechseln Sie die beiden bloß nicht! Ein Gerichtsmediziner wird Ihnen das nie verzeihen. Der Pathologe arbeitet in einem Teilgebiet der Medizin, die sich mit krankhaften und abnormen Vorgängen und Zuständen im Körper sowie mit deren Ursachen beschäftigt, der Gerichtsmediziner beurteilt, auf welche Weise der Tod eines Menschen eingetreten ist, und untersucht hierfür den Körper auf äußere Anzeichen von Gewalteinwirkungen, prüft Organe oder Gefäße auf Veränderungen und analysiert auch Blut-, Haar-, Speichel- und Organproben.»