Читать книгу Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path онлайн
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Weitwandern? Könnte „gehen“!
Doch trotz allem konnte mein Interesse für andere Sportarten meine Leidenschaft fürs Wandern nicht mindern, im Gegenteil, es trug dazu bei, die Fitness zu erhöhen und so noch weitere Strecken gehen zu können. Nach eineinhalb Jahren Training und mittlerweile 40 verlorenen Kilos führte mich meine erste Weitwanderung nach Mariazell. Neben der Erklimmung der Flatzer Wand war das Zufußgehen nach Mariazell schon lange ein Traum von mir gewesen, den es zu realisieren galt. Viele Einwohner Mollrams, der Ortschaft, in der ich aufgewachsen bin, pilgerten 2002 zum 750. Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung unseres Dorfes nach Mariazell – ohne mich, versteht sich. Mein Mann war damals schon mit von der lustigen und vor allem fitten Partie und ich wäre auch sehr gerne ein Teil davon gewesen. Wieder einmal fühlte ich mich ausgeschlossen oder besser, ich schloss mich aufgrund meiner eingeschränkten bzw. fast nicht vorhandenen körperlichen Möglichkeiten eigentlich von selbst aus. Der Wunsch, eine Pilgerreise nach Mariazell zu unternehmen, blieb für die nächsten zwölf Jahre unerfüllt, aber im Frühjahr 2014 machten Peter und ich uns auf den Weg. Im beschaulichen Puchberg, am Fuße des Schneebergs, starteten wir unseren dreitägigen Marsch zum wichtigsten Wallfahrtsort Österreichs. Andere schaffen das locker in zwei Tagen oder gehen in drei Tagen direkt von zu Hause aus los, aber ich wollte einmal langsam beginnen und gut war’s. Während sich die erste Etappe bis Schwarzau im Gebirge noch recht einfach bewältigen ließ, war der zweite Tag eine absolute Herausforderung. Schon damals trugen wir alles, was wir brauchten, am Rücken und die letzten Kilometer, die eigentlich nur mehr flach dahin gingen, zogen sich immens und mir tat alles weh. Jeder, der am Abend in die Nähe unseres Zimmers kam, wurde unweigerlich in eine Wolke aus Tigerbalsam und Thermo Lotion gehüllt; selbst den Weg zur Toilette vermied ich, solange es noch irgendwie vertretbar war. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mich laufend fragte, wie in Herrgotts Namen ich am nächsten Tag nach Mariazell kommen sollte, doch das, was am Tag zuvor noch unverstellbar gewesen war, gelang am nächsten Morgen dann doch, indem wir uns einfach unsere Wanderschuhe anzogen und losmarschierten. Spätestens vor den Toren Mariazells wurde mir dann klar: Ich bin eine Weitwanderin. Gut, vielleicht war ich damals noch keine, aber ich wollte unbedingt eine werden.