Читать книгу Schritt für Schritt – Unterwegs am South West Coast Path онлайн
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Letzte Weitwanderung vor dem SWCP – der UNESCO Welterbesteig in der Wachau.
Diese Erkenntnis war allerdings nicht die erste Reise in mein Inneres, um die Tiefen meiner Psyche zu erkunden, sondern eher nur eine Ergänzung zu meinen Erkundungen meiner emotionalen Welt. Wie bereits erwähnt bin ich der Meinung, dass die Psyche eine wichtige Säule für eine nachhaltige Gewichtsreduktion ist, und so blieb auch mir nichts anderes übrig, als mich auf die Suche nach möglichen Ursachen zu machen, aus denen sich eine derartige Bewältigungsstrategie entwickelt und in weiterer Folge manifestiert hatte. Als Sozialpädagogin ist man in der glücklichen Lage, an Supervision, Mentoring und Coaching gewöhnt zu sein, daher hatte ich nie Berührungsängste mit Therapeuten und war auch alternativen Therapieformen gegenüber aufgeschlossen. So entstand im Laufe der Zeit ein bunter Mix aus Gesprächen, kinesiologischen Sitzungen und cranio-sacralen Behandlungen mit dem Ziel, zu dem Zeitpunkt zurückzukehren, von dem an Essen für mich diesen wichtigen Stellenwert eingenommen hatte. Gleich vorweg, hundertprozentig weiß ich es auch heute noch nicht, aber mit ziemlicher Sicherheit ist die Ursache in meiner Kindheit und meinem Verhältnis zu meinen Eltern und Geschwistern zu finden. Ich hatte oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein, und auch wenn das wohl damals schon nicht der Wahrheit entsprach, so entsprach es doch meinen Empfindungen. Ich war weder besonders talentiert noch mit natürlichem Charme gesegnet und so gab es für mich nur die einzige Möglichkeit, mich durch gute Noten in der Schule zu profilieren. Als gute Noten aber nichts Besonderes mehr waren, ging auch diese positive Bestätigungssequenz verloren, und Schokolade wurde immer mehr zu meinem Seelentröster. Der kurz empfundenen Freude über den Genuss folgte in der Regel ein schlechtes Gewissen, das mit einem weiteren Stück Schokolade vertrieben werden musste. Ein Teufelskreis, aber zumindest ist wissenschaftlich fast bewiesen, dass Schokolade die Gehirnleistung positiv beeinflusst, und so waren wenigstens die guten Noten gesichert. Eine weitere Ursache dürfte das Bedürfnis nach Gesehenwerden gewesen sein. Je dicker ich wurde, umso besser konnte ich von anderen Menschen gesehen werden. Dass dieses Sehen aber nichts mit Bewunderung, sondern im besten Fall mit Ignoranz, wahrscheinlicher aber mit Abscheu einherging, realisierte das Unterbewusstsein wohl nicht zeitgerecht.