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1800

»Kinder und Narren sagen die Wahrheit« ist eine uralte Weisheit und auch der Grund, warum seit dem Mittelalter Narren an den Herrscherhöfen einen besonderen Platz hatten. In den abgeschotteten Zirkeln der Macht verlor man damals wie heute schnell das Gespür für das, was draußen in der Bevölkerung vorging und gedacht wurde. Wahrheiten aber, wie sie Hofbeamte und Minister sich nie auszusprechen getrauten, konnte ein Sonderling, der sowieso nur Närrisches daherredet, meist mit Witzen und Späßen garniert ungestraft und zur Erheiterung der höchsten Herrschaften aussprechen. Natürlich erfuhr dabei der Regent auch, was seine allernächste Umgebung wirklich über ihn dachte. Der letzte Hofnarr in der Münchner Residenz war Georg Prangerl (1745–1820), von allen nur »der Prangerl« genannt, was auf seine kleine Gestalt hindeutet. Er war Musikant, konnte mehrere Instrumente spielen und unterhielt die Münchner in der »Cafféschänke« des Giovanni Pedro Sardi, dem heutigen Tambosi am Hofgarten. Seine Witze waren oft unter der Gürtellinie, zotig, derb und schonungslos. Er ging nie ohne Stock aus, mit dem er manchmal wahllos auf Passanten und sogar auf Kinder einschlug. Dass so ein ungehobelter, g’scherter Narr hoffähig wurde, lag an seinem Beschützer, dem beim Volk beliebten Kurfürst Max Joseph, seit 1806 König Max I. von Bayern: selbst weit entfernt von einer fürstlichen Erscheinung, von Zeitgenossen als »grober verdrießlicher Fuhrknecht« beschrieben und alles andere als ein Intellektueller. Im Hoftheater konnten für ihn die Stücke gar nicht seicht genug sein. Mit Max und dem Prangerl hatten sich eben zwei auf gleicher Wellenlänge gefunden. Aber auch beim Prangerl galt »Hochmut kommt vor dem Fall«, in seinen letzten Jahren war seine Gaudi nicht mehr »hoffähig«, er fiel in Ungnade und damit aus der Residenz. Heute laufen täglich Zigtausende unter ihm vorbei, denn sein kleines Denkmal befindet sich im Inneren des Karlstor-Durchgangs.

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