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»Die Musik – es geht los«, flüsterte die Muse erregt und zwickte ihn zur Sicherheit kräftig in den Arm.
Aus dem Nichts materialisierte sich eine schwarz gekleidete Gestalt in der Mitte der Bühne. Schwarze Stiefel, schwarze Hose, schwarzes Jackett, schwarzer Strohhut. Alles glänzte wie frisch gewichst im gleißenden Strahl der Spots, die nun die Szene ausleuchteten, als ginge es um ein Fotoshooting für die nächste ›Vogue‹. Die schwarze Gestalt war eine Frau, das sah er deutlich, obwohl sie ihm den Rücken zukehrte. Die Arme zerrte vergeblich an der Kette, die ihre hoch erhobenen Hände an die Decke fesselte. Ein paar Augenblicke geschah nichts weiter, als dass der Musikpegel bedrohlich anstieg. Das Drama erreichte den Höhepunkt in einem Tusch. Das Licht ging aus, dann blitzte und donnerte es, und die Finsternis hatte ein Ende. Vier giftgrüne Warane mit rotem Kamm krochen über den Bühnenrand hinauf und auf die Wehrlose zu, die verzweifelt an der Kette zerrte. Keine echten Reptilien natürlich. Dick geschminkte Frauen waren es, die sich breitbeinig auf allen Vieren der schwarzen Gestalt näherten, nackt bis auf die Farbe und den lächerlichen Plastikkamm, soweit er beurteilen konnte. Die Bühne begann sich langsam zu drehen. Das Profil der schwarzen Gestalt wurde sichtbar und damit mehr und mehr nackte Haut, denn Hose und Jackett bestanden nur aus der hinteren Hälfte. Die bizarre Szene übte eine unwillkürliche Anziehungskraft auf Jonas aus. Er war ein Mann, und vor ihm auf der Bühne agierten fünf nackte Frauen. Gespannt verfolgte er, wie sich die züngelnden Reptilien an der gefesselten Frau aufrichteten. Die Erkenntnis schoss ihm wie ein Blitz durch den verwirrten Kopf, als sich zwei der Warane an den Brüsten der Gefangenen festsaugten. Das war keine gewöhnliche Striptease-Show mehr. Er vergaß für einen Moment die beiden reifen Blondinen an seiner Seite, die übrigen Zuschauer, die Augen in seinem Rücken, und hielt den Atem an. Alles schien möglich auf der Bühne des ›Forstschlösschens‹. Wie zur Bestätigung dieser unerhörten Vermutung drängte der dritte Waran seinen grünen Kopf zwischen die Beine der Gefangenen, während die Hände des vierten Reptils unter der Hülle über ihrem Hintern verschwanden. Die Bedrängte fand hörbaren Gefallen an ihren Peinigern, genauso wie das Publikum. Jonas ertappte sich dabei, den Hals zu recken, um genau zu sehen, was da im Schoß der Frau geschah. Männer tun so was. Beschämt wagte er einen kurzen Seitenblick auf die Muse neben ihm. Auch sie verfolgte das Geschehen auf der Bühne konzentriert mit Argusaugen und einem seligen Lächeln auf den Lippen. Hätte sein Verstand noch funktioniert, er hätte nichts mehr verstanden. So aber wandte er sich schnell wieder der schamlosen Vorstellung ohne Worte zu und wunderte sich über gar nichts mehr. Wieder setzte das Licht aus. Blitz, Donner, Tusch. Als die Spots wieder aufflammten, bot sich den begeisterten Zuschauern ein ganz anderes Bild auf der verruchten Bühne. Nur noch ein Reptil beschäftigte sich mit der Gefangenen, deren halbe Kleider verschwunden waren. Sie lag mit angewinkelten Beinen auf dem Boden, das Tier auf ihr, die Zunge in ihrer Scheide, den Kamm lustvoll aufgestellt – aber das bildete er sich vielleicht nur ein in der Hitze. Er brauchte den Hals nicht mehr zu recken. Auch für den Fantasielosesten unter den Zuschauern blieb kein Zweifel mehr darüber, was sich da ganz genau abspielte. So sehr nahmen ihn die rhythmischen Bewegungen und Gesänge der beiden in Anspruch, dass er die drei andern Warane komplett vergaß. Bis es zu spät war. Ein grüner Kopf tauchte plötzlich vor ihm auf. Flinke Hände öffneten mit geübtem Griff seinen Hosenschlitz und legten sich um seine prächtig aufgeblühte Männlichkeit, bevor er wusste, wie ihm geschah. Die Schockstarre dauerte so lange, bis er die Lippen des Reptils spürte. Dann endlich kehrte sein Verstand mit einem heißen Schwall Blut im Hirn zurück.