Читать книгу Januargier. Kriminalroman inspiriert von wahren Kriminalfällen онлайн
29 страница из 95
Kapitel 5
Herma knöpfte ihre weiße Bluse auf, legte ihren BH ab und betrachtete sich dabei im Spiegel. Mit den Fingern ihrer rechten Hand strich sie sich durch ihre dünnen blonden Haare, die noch vom starken Nordwestwind zerzaust und von dem feinen Nieselregen, der seit Tagen auf Ostfriesland niederging, feucht waren. Für mein Alter sehe ich noch ganz passabel aus, dachte sie. Manch junge Deern beneidete sie um ihre schlanke sportliche Figur und um ihre üppige Oberweite. Die Mordermittlerin hatte in den vergangenen zwei Monaten, die sie im Krankenhaus und daheim zugebracht hatte, etwas an Gewicht zugenommen – das zeigte nicht nur die Waage, davon zeugte auch die kleine Bauchspeck-Rolle, die jetzt über ihre Gürtelschnalle quoll. Die Ostfriesin beschloss, wieder mehr joggen zu gehen. Auf den Deichen zwischen der Nordsee, den zahlreichen Binnenseen und den Fehnkanälen, den unzähligen Schafen und Möwen fühlte sie sich besonders wohl. Dort lagen die von ihr bevorzugten Laufstrecken. Vielleicht sollte ich mich lieber in einem Fitnessstudio anmelden, dachte sie, als sie sich bäuchlings auf die Liege legte und auf Georg wartete. Sie mochte es, wenn er sie nicht mit Samthandschuhen anfasste und hart zur Sache ging. Sie wollte seine kräftigen Finger auf ihrer nackten Haut spüren – danach sehnte sie sich schon seit Tagen. Georg Schultz war Physiotherapeut und seit Neuestem auch Chef des Watt-und-Meer-Zentrums in Bensersiel – er besaß heilende Hände und hatte Herma vor ihrem Umzug nach Hameln oft geholfen, wenn ihr Rücken mal wieder vom langen Sitzen vor dem Dienstcomputer verspannt war. Einmal hatte sie sich bei einer Verfolgungsjagd in Aurich einen Nackenwirbel verdreht. Georg war auch nach Feierabend sofort zur Stelle gewesen; er hatte ihre Knochen wieder eingerenkt. An das fiese Knacken konnte sie sich noch gut erinnern.