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Doktor Mertens atmete tief durch und wieder aus. Er wunderte sich über sich selbst, dass er jetzt den Drang verspürte, das Lied zu singen – ausgerechnet während einer Leichenschau. Der Rechtsmediziner schüttelte den Gedanken daran ab, er konzentrierte sich auf seine Arbeit, strich Hautfalten glatt, leuchtete mit einer kleinen, aber starken Halogentaschenlampe in die Körperöffnungen der Leiche. Mertens konnte keine Hinweise auf Fremdverschulden entdecken. Allerdings gestaltete sich das auch schwierig, denn: Milliarden von Fäulnisbakterien waren dabei, den Körper zu zersetzen. Mertens schaute noch einmal auf den von einem Allgemeinmediziner unterzeichneten Totenschein. „Verdacht auf Herzinfarkt.“ Der Rechtsmediziner dachte einen Moment lang nach, zog die Augenbrauen hoch. „Na ja, der Hausarzt muss es ja wissen“, sagte er leise zu sich selbst und rümpfte die Nase. Dabei entstanden Sorgenfalten auf seiner Stirn. Nicht einmal er hätte bei dem Zustand der Leiche ohne Autopsie eine Todesursache benennen können. Das stand fest. Aber vielleicht hatte der Hausarzt ja ein wenig orakelt, weil er die Vorerkrankungen der Frau kannte. Ein Beweis war das natürlich nicht. Auch Todgeweihte konnten schließlich Opfer eines Mörders werden. „Hat es alles schon gegeben“, dachte Mertens, als er seinen Helfer anwies, die Tote auf den Bauch zu legen, um deren Rücken inspizieren zu können. Zum Glück war es nicht seine Aufgabe, die Todesursachen seiner „Patienten“ herauszufinden. Das geschah eher nebenbei. Seine vorrangige Aufgabe war es, nach Hinweisen auf ein mögliches Fremdverschulden zu suchen – sowohl bei der äußeren als auch bei der inneren Leichenschau. Gab es keine Anzeichen dafür, war der Fall für ihn erledigt. Das unterschied die Gerichtsmediziner von den Pathologen, deren Autopsie-Saal sich gleich neben dem der Rechtsmediziner befand. Die einen suchten im Auftrag der Polizei, der Staatsanwaltschaft und – manchmal auch – von Angehörigen nach einer Antwort auf die Frage, ob bei einem suspekten Todesfall ein Mörder seine Finger im Spiel hatte, die anderen fahndeten im Dienste der Wissenschaft – oft mithilfe eines Mikroskops – nach Anzeichen für Erkrankungen, die zum Tod eines Klinik-Patienten geführt hatten.

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