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Auf den heutigen obersten Abt des Shaolinklosters Shi Yongxin39 (释 永信) trifft dies alles nicht zu. Sein Amt ist heute als das eines Geschäftsführers zu verstehen. Das Shaolin ist eine Firma, eine Handelsmarke, die jährlich Millionenumsätze verbucht. Über all den geschäftlichen Angelegenheiten bleibt keine Zeit mehr für die einst so effektive Kampfkunst. Seit einigen Jahren sind Massenabfertigungen von Lernwilligen gang und gäbe. Qualität kann man dabei natürlich nicht erwarten. Das wushu von Shaolin ist an einem Tiefpunkt angelangt und reißt andere Kampfkünste mit sich in den Abgrund. Mit echter Kampfkunst ist kein Geld zu machen, wohl aber mit dem Anschein davon. Shaolin hat dies verstanden und hat damit Maßstäbe für ganz China gesetzt.

Diese kritische Sicht auf die Kommerzialisierung der Kampfkünste beleuchtet nur einen Teil der Wahrheit. Das Gebiet um Shaolin (Dengfeng 登封) war früher eine der ärmsten Gegenden der Provinz Henan. Die Einheimischen hatten ein sehr niedriges Einkommen und führten ein bitteres Leben. Aber durch die richtige Vermarktung und den daraus folgenden Tourismus sind aus diesen armen Bauern wohlhabende und finanziell sorgenfreie Bürger geworden. 38 Prozent aller Menschen um Shaolin bestreiten ihren Lebensunterhalt vom Tourismus. Heißt das nicht, dass Shi Yongxin es richtig macht? – Auf der einen Seite gibt es die Shaolin-Tradition und deren unzeitgemäße Ideale, die vielleicht selbst in der Vergangenheit niemals tatsächlich umgesetzt werden konnten. Auf der anderen Seite gibt es die Chance, die Berühmtheit des Shaolin zu nutzen, um die wirtschaftliche Lage der Menschen der Region zu verbessern.

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