Читать книгу Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) онлайн
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24. Mai.
Gestern vormittags 11½ Uhr kamen einige der Koralleninseln in Sicht, d. h. nur die auf ihnen wachsenden Kokospalmen, welche ihre Wurzeln scheinbar in den Ocean geschlagen haben, da das niedrige Land erst sichtbar wird, nachdem das Schiff sich der Insel einige Seemeilen mehr genähert hat. Da ich bisher noch keine Koralleninseln gesehen hatte, so lief ich dicht heran, um, an der niedrigen Küste entlang segelnd, einen Einblick zu erhalten. Es macht einen eigenthümlichen Eindruck, diese schmalen Landstreifen zu sehen, welche, dicht mit schattigen Bäumen bewachsen, hier in dem unendlichen Weltmeere wie Oasen unter dem farbenprächtigen Tropenhimmel liegen und, von der hier ewig heißen Sonne beschienen, von einem merkwürdig sonntägig melancholischen Hauch umweht sind. Hier und da sieht man zwischen den Bäumen einige Hütten hervorlugen, Menschen gewahrt man aber nicht. Wozu sollten diese Leute auch in der heißen Mittagszeit ihre Hütten verlassen? Was sie zum Leben gebrauchen, geben ihnen die Kokosnüsse und die in den Morgenstunden unternommenen Fischzüge; andere Nahrung kennen sie nicht, sogar das Wasser fehlt ihnen. Kokosnußkerne und Fische bilden die Speise, Kokosnußmilch das Getränk. Das Leben auf diesen Inseln würde daher unmöglich sein, wenn die Kokosnußpalme nicht ununterbrochen, unabhängig von der Jahreszeit, stets Blüten und Früchte jeden Alters, von der ersten Anlage bis zur vollkommenen Reife, trüge. Arbeit bringt den Leuten keinen Nutzen, ihr ganzer Lebenszweck besteht daher in Essen, Trinken, Schlafen und in der Sorge für ihre Fortpflanzung.