Читать книгу Ein deutsches Kriegsschiff in der Südsee: Die Reise der Kreuzerkorvette Ariadne in den Jahren 1877-1881 (Bartholomäus von Werner) (Literarische Gedanken Edition) онлайн
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Laguneninsel (Atoll).
Im Laufe des gestrigen Nachmittags wurden noch einige dieser Inseln passirt, welche indeß ein trauriges Bild wüster Zerstörung zeigten. Vor einigen Monaten hat ein schwerer Orkan seinen Vernichtungsweg über einen Theil dieser Inselgruppe genommen, dort, wo er einkehrte, fast alle Bäume entwurzelt und die Menschen in die salzige Flut geschleudert, wo Hunderte ihren Tod fanden. Nur wenige, welche sich an Baumstämme angeklammert hatten, wurden gerettet.
Während der letzten Nacht befand sich das Schiff inmitten dieses Inselgewölks, wurde mit großer Sorgfalt in freiem Wasser gehalten, passirte heute Morgen die letzten Inseln und hat nun, den Curs nach dem schönen Tahiti gerichtet, diese doch immerhin unbehagliche Gegend hinter sich.
Der heutige Tag sollte uns nach Papeete, der Hauptstadt von Tahiti, bringen. So durfte es wenigstens angenommen werden, wenn die Meeresströmungen das Schiff seit gestern Mittag nicht zu sehr aufgehalten hatten. Die Insel ist so hoch (etwa 2240 m), daß die höchste Spitze bei klarem Wetter auf 90 Seemeilen Entfernung sichtbar ist; es wurde daher schon mit dem anbrechenden Tage nach dem ersehnten Lande ausgesehen, um seine schwachen Umrisse möglichst früh zu erspähen. Die höher steigende Sonne schichtete aber dort, wo die schöne Insel liegen mußte, Wolken auf, gab dem Lande das feuchte Tagesgewand, welches dem Erdreich Segen, dem Seefahrer aber so bittere Enttäuschung bringt. Wenn nun auch wenig Hoffnung war, das Land vorläufig zu sichten, so ging es hier doch wieder wie immer. Die Ferngläser wichen nicht von jener Wolkenbank, jeder wollte Tahiti zuerst sehen, wollte seinem erfahrenen Auge den Triumph gönnen, in dem Wolkenschleier einige schwache Contouren zu entdecken, welche zweifellos dem Lande gehörten und nicht die Ränder einer Wolke bildeten. Es mag auffällig erscheinen, daß ältere Leute sich so abquälen und ihre Augen so unnütz anstrengen, da sie doch den Stand des Schiffes genau kennen und wissen, was jenes Gewölk in sich birgt. Wer aber weiß, wie oft das geübteste Auge durch Wolkenbildungen, die fernem Lande täuschend ähneln, angeführt wird, der wird auch den Reiz verstehen, welcher in solcher Augenübung liegt. Stunden vergingen, und erst 11½ Uhr vormittags brach hoch über dem Horizont aus dem Gewölk der höchste Pic von Tahiti hervor. Noch war die Möglichkeit, den Hafen vor Einbruch der Nacht zu erreichen, vorhanden; das eine Stunde später festgelegte Mittagsbesteck ergab aber noch eine Entfernung von 70 Seemeilen, ein Stück Weges, das unter den obwaltenden Verhältnissen in sechs Stunden nicht mehr zurückgelegt werden konnte.