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Grete trat auf den Bürgersteig hinaus. Um zu wissen, wo sie war, musste sie erst zur nächsten Ecke gehen und auf das Straßenschild schauen. Das Pflaster schien ein wenig zu schwanken. Mehrmals stolperte sie. Der viele Sekt. Nach knapp 100 Metern war sie an einer großen Kreuzung angekommen und las Kottbusser Damm und Pflügerstraße. Sie überlegte. Nach Neukölln war sie also gestern Nacht geraten. Wenn sie nun noch gewusst hätte, welcher Tag heute war … Sie blieb vor einem Zeitungskiosk stehen und las: Mittwoch, 17. März 1920. Und ansonsten: Immer noch der ganze Schlamassel. Mist! Seit letztem Sonnabend ging das nun schon so. Die Erlebnisse der letzten Tage überfluteten sie:

Sie fährt mit der Stadtbahn zum Metropol-Theater, um dort vorzusprechen, und sieht sich plötzlich inmitten von Stacheldrahtverhauen, Maschinengewehren, Feldgeschützen und kampfbereiten Offizieren und Soldaten. An den Gebäuden flattern die alten schwarz-weiß-roten Fahnen des versunkenen Kaiserreichs und die Kriegsflagge der Marinebrigade. Automobile jagen vorüber. Sie kann sich gerade noch in ein Café flüchten. Dann gibt es den Generalstreik. Bahnen und Busse fahren nicht mehr. In den Abendstunden liegen die Straßen in tiefer Dunkelheit. Die großen Gasthausbetriebe haben geschlossen. Immer wieder fallen Schüsse. Vor den Bäckerläden bilden sich endlose Schlangen. Die Brotvorräte sind schnell ausverkauft. Die Warenhäuser schließen. In vielen Stadtbezirken versagt die Wasserversorgung, und auch der Gasdruck wird immer schwächer. Schnell spricht sich in der ganzen Stadt herum, wo was passiert ist. In der Schloßstraße in Steglitz gibt es die ersten Todesopfer. Bei einem Streit zwischen Militär und Zivilisten werden acht Menschen getötet. Am Halleschen Tor überfällt die Menge einen Militärlastwagen mit Soldaten. Diese feuern. Mehrere Tote bleiben zurück, darunter ein junges Mädchen. Am Friedrich-Wilhelm-Platz werfen Soldaten Handgranaten. In allen Stadtteilen werden Menschen erschossen. Leuchtkugeln steigen zischend in die Nacht, Scheinwerfer suchen den verdunkelten Himmel nach Flugzeugen ab.

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