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«Du spielst doch zum ersten Mal Detektiv», sagte Rainer, ohne ihr zugehört zu haben. «Da wollte ich dir natürlich mit Rat und Tat zur Seite stehen.» Er lachte selbstgefällig. «Aber warum ich ‹Respekt› sagte: Schau dir mal das Fahrrad auf dem Bild an! Das hat ordentlich was abbekommen. Dein Vater hatte nicht einmal einen Kratzer. Das muss man erst mal hinbekommen.»
Neele war viel zu aufgeregt, um auf diese Äußerung einzugehen. Endlich hatte sie die Akte vor sich – dieses papierne Ziel ihrer Wünsche, um das sie so lange gekämpft hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie den amtlich festgestellten Tatsachen und damit der Wahrheit ganz nahe. Sie nahm den Stapel Papier in die Hand. War sie sich wirklich sicher, dass sie mit den Berichten und Bildern umgehen konnte, die darin auf sie warteten? Oder hatte sie vor langer Zeit damit begonnen, Geister heraufzubeschwören, die sie nicht mehr würde kontrollieren können? Sie mochte Goethes Zauberlehrling, aber das bedeutete nicht, dass sie sich in dessen Lage wiederfinden wollte. Sie atmete tief ein, öffnete die Akte und begann darin zu blättern. Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Bilder, so dachte sie, sind immer ein guter Einstieg. Doch eigentlich war ihr Kopf leer. Sie war viel zu angespannt zum Denken. Das Fahrrad auf den Bildern, eindeutig das ihres Vaters, war in der Tat nicht nur verbogen, sondern völlig zerstört.