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Zweimal sah Neele auf das Straßenschild, um zu prüfen, ob sie sich nicht getäuscht hatte. Dieser Pfad sollte die Breite Straße sein? Da hatten doch bestimmt ein paar Halbstarke im Appelkornrausch die Schilder vertauscht! Sie schaute im Stadtplan nach. Tatsächlich – die Breite Straße war weder breit noch groß, sie war schmal und eng. Die Mehrfamilienhäuser, die sie rechts und links säumten, waren dafür umso prächtiger. Neele näherte sich dem Haus Nummer 24, einem der wenigen schmucklosen Altbauten der Straße.
In der Schule hatte sie viel über den Kampf um Berlin im Jahre 1945 gelernt, deshalb war sie verwundert, dass es hier noch so viele schöne alte Gebäude gab. Einige davon wirkten allerdings wie Pfauen mit Federnausfall. Von diesen Häusern, allesamt zu Kaisers Zeiten erbaut, hatte man in der Nachkriegszeit den Stuck abgeschlagen. Neele war entsetzt gewesen, als sie davon zum ersten Mal gehört hatte. Wie hatte man nur so etwas tun können? Dieses Vorgehen war jedoch nicht als Akt der Barbarei, sondern als ein Beitrag zur schnellen Beseitigung der Kriegsschäden gedacht gewesen. Stucksanierung war aufwendig, so hatte man Neele erklärt, und damit teuer. Also hatte man kurzerhand den Stuckmord mit Prämien für die finanzschwachen Hauseigentümer gefördert. Entstuckungsprämie – scheußliches Wort!