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Das Tal war der Straßenbahnfahrerin Adele Schuster vertraut wie ihr eigener Hausflur. Seit über zehn Jahren fuhr sie die Bahn und brachte Touristen zu den Wandergebieten und wieder zurück nach Bad Schandau. Sie kannte auch jeden einzelnen Bewohner des Tales.

Seit der zweiten Station, dem Beuthenfall, war außer am Hotel Forsthaus auf dieser letzten Fahrt des Tages niemand mehr ein- oder ausgestiegen. Das war auch nicht verwunderlich, denn die Wanderer beeilten sich, in der einbrechenden Dunkelheit nach Hause zu kommen. Die Fahrt war in der Regel ruhig, die meisten Ausflügler saßen schon längst wieder in der S-Bahn nach Dresden oder in ihrem Wagen auf dem Weg nach Hause.

Als Adele Schuster in Bad Schandau am Stadtpark, der Endhaltestelle, ankam, verließen die vier letzten Fahrgäste die Waggons und machten sich auf den Weg hinüber Richtung Marktplatz.

Die Straßenbahnerin wartete, bis alle ausgestiegen waren, und rangierte die Bahn so um, dass der Triebwagen wieder in Fahrtrichtung stand. Sie nahm ihre Mütze und ihre Tasche von der hölzernen Ablage und strich sich die hellblaue Dienstbluse glatt. Ihre Arbeit mochte sie sehr. Es war viel besser, als irgendwo in einem Laden an der Kasse zu sitzen, auch wenn die Passagiere mitunter nervig und unfreundlich waren. Aber die Schönheit des Tales und der Wechsel der Jahreszeiten, die sie auf ihren Fahrten erlebte, gefielen ihr immer wieder aufs Neue. Sie schloss den Wagen mit dem Führerstand ab und überprüfte, ob von außen alles in Ordnung war. Dann warf sie einen kurzen Blick in den hinteren Wagen und verschloss auch dessen automatische Türen. Die gelbe Bahn würde bis zum Morgen an der Endhaltestelle stehen bleiben. Adele Schuster machte sich auf den Weg nach Hause und hatte nicht den leisesten Schimmer von ihrem toten Passagier.

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