Читать книгу Wie ein Tier. Der S-Bahn-Mörder. Roman. Doku-Krimi aus dem Berlin der Hitlerzeit онлайн
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Alle warteten auf die SS-Blockführer. Es begann zu regnen. Immer heftiger. Unwillkürlich musste Berthold an seine Schwester denken. Emmi hatte es gern gehabt, ohne Schirm und Jacke durch den Regen zu laufen. Ob sie auch noch ins KZ gebracht wurde? Sippenhaft. Vielleicht schaffte sie es an Alberts Seite, draußen durchzuhalten. Das war ein braver Kerl, und als S-Bahn-Fahrer vorn im Führerstand war er nicht so gefährdet wie andere, die dauernd aufpassen mussten, nichts Falsches zu sagen.
Berthold war schon seit fast zwei Jahren in Sachsenhausen, und er wusste, dass der Schrecken hier seine Nuancen hatte. Dass es andere noch schlimmer traf als ihn, war ein Stück Überlebenshilfe. Und fast registrierte er es mit einem wohligen Gefühl, kein Neuzugang zu sein.
Wie damals. Als er um drei Uhr morgens in Oranienburg angekommen war. In einer Grünen Minna wurden sie abgeholt. Fünfzig Gefangene hineingeprügelt. Hier am Tor hatten sie anfangs zwei Stunden in der Hocke zuzubringen gehabt. Sachsengruß hieß das. Hockstellung, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Dazu Ohrfeigen, Kinnhaken, Schläge in den Magen, Fußtritte in den Unterleib. Ihm hatte der SS-Oberführer nur zwei Zähne ausgeschlagen, seinem Kameraden aber so in den Bauch getreten, dass er zehn Minuten später gestorben war. Bei minus fünf Grad hatten sie im Freien stehen müssen. Der SS-Hauptscharführer Herbert Bloh hatte gebrüllt: »Den Kanaken sollen erst mal die Läuse einfrieren!«