Читать книгу Der kalte Engel. Roman. Doku-Krimi aus dem Berlin der Nachkriegszeit онлайн
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Noch immer keine Spur von Jörg und Robert. Manne war ein wenig mulmig zumute. »Geh mit keinem mit!« Er hatte die Stimme seiner Mutter ganz genau im Ohr. Was mit Kindern geschah, die mit fremden Männern mitgingen, wusste zwar niemand von ihnen genau, sie glaubten aber, dass man sie wie ein Karnickel schlachten und ihr Fleisch verkaufen würde. Und wenn Jörg und Robert nun … Nein, da vor der Golgatha-Kirche standen sie. Gott sei Dank. Wo sie denn gesteckt hätten? Jörg in der Desinfektionsanstalt. »Zum Entlausen.« Robert war beim Arzt gewesen. »Nachimpfen.« Die Impfung in der Schule hatte er verpasst. »Und dann hab’ ich noch zu Hause Kohlen aus’m Keller hoch holen müssen – wie Hennecke, do!« Adolf Hennecke hatte seine Tagesnorm als Bergmann zu 387 Prozent übererfüllt und war damit in der DDR zum Vater aller Aktivisten geworden.
»Wat spiel’n wa nu?« Manne war für Fußball, Robert für Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Jörg tippte sich an die Stirn: »Da sind wa doch viel zu wenig zu.« Er war für Autorennen oder Klimpern, ohne aber eine ausreichende Mehrheit für seine Vorschläge zu finden. Schließlich einigten sie sich auf Fußball. Jörg gegen Robert, das heißt, Union Oberschöneweide (Ost-Berlin) gegen den BSV 92 (West-Berlin). Roberts Vater war Grenzgänger, wohnte im Osten und arbeitete im Westen. Daher diese Rollenverteilung. Manne war der Torwart, und als solcher hatte er streng neutral zu sein.