Читать книгу Brandt-Gefahr. Der 29. Kappe-Fall. Kriminalroman (Es geschah in Berlin 1966) онлайн
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Er stieg in die U 1, um bis zum Nollendorfplatz zu fahren. Dort wollte er in die U 4 wechseln, um am Bayerischen Platz auszusteigen. Er suchte sich einen freien Platz, setzte sich hin und klemmte den Stockschirm zwischen die Knie.
Neben ihm unterhielten sich zwei ältere Frauen über den heutigen Buß- und Bettag: «Die Nazis haben ’34 daraus einen Feiertag für alle gemacht, ihn aber ’39 praktisch wieder abgeschafft …»
Otto Kappe machte sich nichts aus diesem kirchlichen Feiertag, er war nicht religiös. Dennoch war er davon überzeugt, dass es irgendetwas da oben geben müsse – etwas, das Ordnung geschaffen hatte. Denn an Zufälle glaubte er weder im Beruf noch im Hinblick auf Natur und Kosmos.
Am Abend zuvor hatten Gertrud und er seine Eltern beköstigt. Gertrud hatte eine Ausnahme gemacht. Da sie selbst berufstätig war, kochte sie meist nur am Wochenende warm. Es hatte hausgemachte Buletten, grüne Bohnen und Salzkartoffeln und als krönenden Abschluss Eiscreme mit Kirschsirup gegeben – Letzteres auf besonderen Wunsch von Ottos Vater Oskar. Der hatte während des Essens angekündigt, man werde am Buß- und Bettag einen Gottesdienst in der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde besuchen, denn er sei nun in dem Alter, in dem man bereits die Landebahn vor sich habe, wie eine DC 6, die in Tempelhof einschwebe. Er müsse sich langsam darauf einstellen, dass sein Leben sich dem Ende zuneige, und deshalb sei Beten nicht der schlechteste Rat.