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Richards asymmetrischer Blick ruhte prüfend auf der kurzhaarigen jungen Frau, die noch so viel werden wollte und der die Herren doch bloß auf die Brüste in festlich roter Verpackung guckten. »Jetzt reden Sie aber nicht mehr von Gedankenübertragung, sondern von Hellsehen.«
»Glauben Sie, meine Mutter hat sich das alles nur so ausgedacht, um mir Angst zu machen?«, fuhr sie auf.
»Wieso denn Angst?«, hakte ich ein.
»Das ist doch total unheimlich, finden Sie nicht? Ich bin mit der Angst aufgewachsen, dass ich vielleicht eines Tages den Tod meiner Eltern und meiner ganzen Familie vorhersehen würde. Und ich habe immer schon Angst vorm Fliegen gehabt.«
»Sie brauchen weder vor dem einen noch dem anderen Angst zu haben«, sagte Richard onkelhaft. »Die meisten Menschen halten Hellseherei zwar für möglich, aber gerade die ist, soviel ich weiß, von den Parapsychologen noch nie bestätigt worden.«
»Wieso nicht? Meine Mutter hat sich das nicht ausgedacht!«
»Ihre Geschichte in Ehren, und ohne Ihrer Mutter zu nahe treten zu wollen, aber die Sache ist zwanzig Jahre her. Da gilt, was für alle Zeugenaussagen gilt. Nach so langer Zeit erinnert sich ein Zeuge an gar keine Zusammenhänge mehr, und die, an die er sich erinnert, erweisen sich als falsch. Und wenn ein Mensch eine Geschichte wiederholt erzählt, erinnert er sich immer nur an die zuletzt erzählte Version. Das Original geht gänzlich verloren.«