Читать книгу Müllers Morde онлайн
93 страница из 99
* * *
Zu Hause schaltete Richard erst mal seinen eigenen, ungestörten Fernseher ein und stellte ihn stumm, weil Dr. House noch gar nicht lief. Dann pflanzte er sich mit einer Flache Kölsch, einer Tüte Chips und Steenbergens Laptop auf die Couch. Das Laptop war ein Supercomputer, kantenlos wie ein Ufo, und es hatte eine so gefällige Art, schnell hochzufahren und sich widerstandslos in Richards Funknetz einzuwählen, dass er kurz darüber nachdachte, ob nach Klärung des Falls irgendwer dieses Kleinod vermissen würde. Dann aber wusste er nicht recht weiter. Der hübsche Computer schwieg ihn an wie eine Frau, bei der man nicht wusste, ob es sich lohnte, sie anzuquatschen. Halbherzig suchte Richard nach dem Mailprogramm, fand einen kleinen grünen Button in der Bedienerleiste, drückte ihn und landete im Freenet -Portal. Steenbergens Passwort war gespeichert. Richard rief die Mails auf und entdeckte, dass irgendwer noch am zweiten Tag nach Steenbergens Tod diverse Nachrichten geöffnet hatte. Das fand er zuerst unheimlich, dann interessant, und schließlich fiel ihm ein, dass die Polizei vermutlich das Gerät gesichtet hatte. Seitdem waren dann noch über zweihundert Nachrichten eingegangen. Zweihundert Briefe an einen Toten. Und unzählige gelesene, die davor gekommen waren. Viel Privates schien aber auch hier nicht dabei zu sein. Die meisten Betreffzeilen handelten von Kundentreue und Bonuspunkten. Richard seufzte, schrieb Dr. House ab und ackerte sich durch. Es dauerte drei Stunden und zwei Biere und brachte zwei Erkenntnisse. Erstens: Die ENERGIE war ein riesiges Geflecht von Einzelfirmen, die von ehemals waffenfähigem Uran bis hin zu Trinkwasserleitungssystemen für Entwicklungsländer nahezu alles vertrieben, was mit menschlicher Grundversorgung zu tun hatte. Steenbergen hatte dabei keineswegs zum Vorstand des gesamten Konzerns gehört, wie die reißerischen Zeitungsberichte durchblicken ließen, sondern war »nur« in der Führungsebene der ENERGIEbase beschäftigt gewesen, der Firma, die am direktesten für die eigentliche Energieerzeugung und -verteilung arbeitete, also Betreiberin von Kraftwerken und Stromnetzen war. Zweitens: Steenbergen war vergleichsweise reich gewesen, und Reichsein war anstrengend. Sowie man viel Geld auf einmal ausgab, bekam man von allen Seiten Post und wurde in komplizierte Beratungs- und Bonussysteme eingebunden, die verwaltet werden mussten und die neben Anlagetipps auch so unglaubliche Dinge wie Golfen im Naturschutzreservat, Jungfrauen-Beglücken in Themenbordellen oder Bären-Massakrieren in Sibirien versprachen. Seien Sie nicht dumm! Denken Sie an die Inflation! Machen Sie Schulden und zwar bei uns! Dann bekommen Sie ein einmaliges Jagderlebnis über den Buchten des Baikalsees dazugeschenkt! Das müssen Sie mitnehmen! Wenn Sie zögern, tut es ein anderer! Wer weiß, wie lang es den Euro noch gibt! Oder Bären!