Читать книгу Schatten über Adlig-Linkunen. Kriminalerzählung онлайн
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Im Großen und Ganzen hielt man in Ostpreußen an den alten hierarchischen Strukturen fest. Umso außergewöhnlicher war das Verhältnis zwischen Anna und Maria. Die beiden waren wie Schwestern, etwa gleichaltrig und fast unzertrennlich. Sie waren gemeinsam auf dem Gut Adlig Linkunen aufgewachsen. Solche Freundschaften stellen nicht unbedingt etwas Besonderes dar; nur, Maria war die Tochter der Herrschaften, Anna die von Friedrich und Berta Doepius. Friedrich hatte die Stellung des Butlers im Herrenhaus Kokies, Berta war die Zofe von Friederike Kokies. Es war zwar nicht die Regel, aber hin und wieder kam es schon vor, dass die Kinder von Angestellten und die der Herrschaften gemeinsam aufwuchsen, miteinander spielten und später einen Teil ihrer Freizeit miteinander verbrachten. Aber ein so enges Verhältnis wie zwischen Anna und Maria war etwas ganz Außergewöhnliches, zumal, was die soziale Stellung ihrer Eltern anbelangte, Welten zwischen ihnen lagen. Innerhalb der Dienerschaft hielten Butler und Zofe eine relativ hohe Rangordnung ein, aber dass sich ihre Tochter auf derselben gesellschaftlichen Ebene bewegte wie die ihrer Dienstherren war schon etwas ganz Besonderes. Herr und Frau Kokies behandelten Anna fast wie eine eigene Tochter. Sie durfte am Unterricht durch die Hauslehrer von Maria und Hannes teilnehmen, wodurch sie zu höheren Bildungsweihen gelangte. Auch Hannes sah in Maria fast seine zweite Schwester; der Kontakt zu ihm war in der letzten Zeit etwas spärlich, da er sich die meiste Zeit zwecks Studiums in Berlin aufhielt.