Читать книгу Strohöl онлайн
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Sie klappte den Instrumentenkoffer auf, betrachtete ihr Altsaxofon unschlüssig und schloss den Koffer wieder. Ein paar Blues Riffs wirkten oft Wunder – nicht an diesem Morgen. Zu unmotiviert, ihr langes, strohblondes Haar zum Zopf zu flechten, band sie es rasch zum Pferdeschwanz zusammen. So sah es eher nach Tatendrang aus.
Der Computer kündigte neue Mail an. Die Betreffzeile entlockte ihr das erste Schmunzeln an diesem traurigen Tag. Munition hatte Jens Haase seine Mail betitelt, die ausgedruckt einen ansehnlichen Ordner gefüllt hätte. Haase vereinigte drei Eigenschaften, die ihn als Kollegen unentbehrlich machten. Er verbrachte gefühlte vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Büro, erledigte seine Recherchen ebenso schnell wie gründlich, und er braute den besten Kaffee, den sie je gekostet hatte.
Die Munition für den Einsatz in Konstanz umfasste nicht nur die Berichte des Kommissars Rappold, der die Ermittlungen vor Ort leitete. Haase hatte zudem eine intelligente Auswahl an Fachartikeln zur Fracking Technologie beigefügt und nicht vergessen, die häufigsten Argumente für und wider diese Fördermethode auf einem Blatt zusammenzufassen. Die Information stellte ein hilfreiches Repetitorium für sie dar. Die Zeit des Studiums lag doch schon einige Jahre zurück. Das Material über den NAPHTAG Konzern barg echten Sprengstoff. Sie fragte sich, wie Haase so schnell an die sensitive Information gelangt war, zweifelte aber keinen Augenblick am Wahrheitsgehalt. Nach diesen Unterlagen fanden die Testbohrungen bei Überlingen am falschen Ort statt. Das Fracking Projekt mit dem Namen Kranich – welch absurder Euphemismus, intakte Natur vorgaukelnd – war ursprünglich auf dem Gelände eines Klosterguts geplant gewesen. Da der Konzern sich nicht mit den Verantwortlichen des Klosters Mariafeld einigen konnte, hatte man die Versuchsanlage kurzerhand im hügeligen Gelände eines Nachbargrundstücks aufgebaut. Der Zugang zu den Schiefergas-Schichten gestaltete sich dadurch wesentlich komplizierter und erforderte längere, heikle Horizontalbohrungen. Diese Tatsache mochte für den Fall irrelevant sein, doch ihr Bauchgefühl sagte etwas anderes. Der Gedanke war jedenfalls notiert.