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Foto 12: Meister An in traditionellem tiefen Mabu-Stand.

Wie ich im Kapitel über die yanyu (S. 357) zu erklären versuchen werde, entspricht der heutige Kunstgeschmack hinsichtlich des wushu nicht mehr dem, der in den alten Steinreliefs zum Ausdruck gebracht wurde. Letzterer orientierte sich am Wissen um die Anwendbarkeit der Kraft und der Technik, an der realen Kampffähigkeit, ganz so, wie dies einst auch die Zuschauer eines Gladiatorenkampfes in Rom gesehen haben werden.

Traditionelles und heutiges Training

In den alten Stile der chinesischen Kampfkunst wurde immer Wert darauf gelegt, durch beharrliches Training (gongfu) ein Verständnis für den eigenen Körper und den eigenen Geist zu schaffen. Die Meister strebten danach, sich selbst zu verstehen, das eigene Wesen zu entdecken. Das ist etwas grundsätzlich anderes als das Streben nach banalen Glücksmomenten, wie sie sich nach einem Sieg in einem sportlichen Wettkampf einstellen.

Es ist ein Irrglaube, dass man wushu schnell erlernen kann. Als Sportler trainiert man drei bis vier Jahre, um eine Medaille zu gewinnen. Dann wird man Trainer und beginnt das Erlernte zu unterrichten. Wer möchte schon bei jemandem mit solch einer Karriere Unterricht nehmen? Was kann man dort lernen? Mein Meister, Li Zhenghua, trainierte 20 Jahre jeden Tag bei den besten Meistern seiner Zeit, bevor er von Meister Xiong Daoming (雄道明) das chushi (出师) bekam. Chushi bedeutet, dass man von seinem Lehrer die Erlaubnis bekommt, von nun an selbst Schüler anzunehmen, weil man die nötige Reife hat. Es entspricht in etwa dem japanischen menkyo kaiden18. Obwohl es durchaus noch diese Lizenzierung gibt, greift man immer seltener darauf zurück. Die Schüler halten meist nicht mehr solange durch. Es ist einfach unseriös, wenn heute jemand nach fünf oder vielleicht auch zehn Jahren unbeständigen Trainings Visitenkarten drucken lässt, auf denen er sich als Meister oder shifu ausweist. Ganz davon abgesehen, dass shifu eine Art Titel ist, den man von seinen langjährigen Schülern erhält. Kein seriöser Lehrer würde in China auf die Idee kommen, sich vor anderen als shifu zu bezeichnen. Ähnlich verhält es sich mit den sensei (先生) in Japan. Und so etwas ist nicht bloß auf Asien beschränkt. Wenn sich früher ein fremder Fechter, der sich prahlerisch als Meister ausgab, in Deutschland, Frankreich oder Italien im Gebiet eines echten Meisters niederließ, konnte ihn dieser kühne Entschluss schnell das Leben kosten.

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