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Fragen für heute beiseite! Denn jetzt ist Hochzeit in Isfahan! Heiraten im Iran geht so: Gestartet wird mit dem Abend der Frauen. Ganz ohne Männer trifft sich der engste Kreis der Familie, beschenkt die Braut, isst Gebackenes und Süßes, trinkt reichlich Tee, schwatzt, lacht und vergnügt sich am Gefühl der Vorfreude. Hochzeit ist am nächsten Tag. Unsere Nacht wird genutzt, um mein Gesicht in ein Schminkgemälde zu verwandeln. Für persische Verhältnisse reicht es einfach mal nicht aus, ein wenig Kajalstiftblau in die Nähe der Augen zu bringen. Afrouz zaubert, so dass ich mich am Ende der Nacht tatsächlich nicht mehr wiedererkenne.

Ein fremdes Gesicht steht mir am Spiegel gegenüber. Und in einem Reiseoutdoorlook zu einer persischen Hochzeit? Undenkbar. Im geliehenen Glitzeranzug steht Sten neben der Person, die ich einmal war, nur jetzt gerade nicht wiedererkenne. Und weiter mit der Tradition. Hochzeit heißt, stundenlang auf die Abfahrt zu warten. Sollte es nicht 17 Uhr losgehen? Und warum sitzen wir jetzt, um 20 Uhr noch immer beim Tee in der Wohnung? Afruz und ihre Mutter sind noch lange nicht fertig. Mein Kleid hingegen hat bereits eine Menge frischer Falten angesetzt. Irgendwann geht es los. Was bedeutet, dass wir mit ungefähr dreihundert anderen Gästen gemeinsam ein Hotel betreten. Links die Frauen. Rechts die Männer. Dabei meine ich nicht das Laufen am Eingang, sondern die Säle. Das offizielle Feiern findet getrennt voneinander statt. Männer in dem einen Raum und Frauen in einem anderen. Selbst für Braut und Bräutigam gilt die Regel. Nun also ich inmitten von ausgelassenen, herzlichen Frauen, die ich nicht verstehe. Macht aber irgendwie nichts. Wir tanzen einfach miteinander, machen hunderte von Jeder-Mit-Jedem-Fotos, setzen uns zum Essen und springen augenblicklich wieder auf, um eine Polonaise in Bewegung zu bringen. Wir haben Spaß, die Zeit verfliegt und die Männer scheinen vergessen zu sein. Sten geht es nicht ganz so wie mir. Auch er ist umringt von Männern, die er nicht versteht. Doch getanzt und gelacht wird bei ihnen nicht. Am Tisch sitzen und Tee trinken ist an der gesitteten Männerfront das Motto des Abends. Bis es Sten reicht und er auf alle Vorschriften pfeift. Mit neiderfülltem Blick steht er plötzlich vor mir. Hui, ein Mann im Frauensaal. Hier sei es so lustig und ausgelassen. Das ganze Gegenteil von der Männergesellschaft, beklagte er sich. Ich bleibe jetzt einfach hier, beschließt er kurz entschlossen. Den Männern ist es öffentlich nicht erlaubt, fremde Frauen, so fröhlich und teilweise ohne Kopfbedeckung zu sehen. Soweit also zum Grund, warum in verschiedenen Sälen gefeiert wird. Doch Sten ist wie der Korken in einer Sektflasche. Nach ihm schleicht sich Mostafa heran, der ebenso wenig Lust darauf hat, ausschließlich unter den Männern das Fest zu verbringen. Zwei Leute sind zwar noch kein Schwarm. Doch sie genügen, um mehr und mehr Männer zur bunten und lustigen Feier der Frauen herüber schwappen zu lassen. Im Griff hat die formale Ordnung niemand mehr. Und was die Hotelleitung zu all dem gemixten Spaß sagt, weiß ich nicht. Doch um Mitternacht ist einfach mal Schluss. Wie jetzt, denke ich. War es das jetzt? Von einundzwanzig bis vierundzwanzig Uhr? War das die ganze Hochzeit? Doch was sage ich. Nichts als der leise Beginn einer rauschenden Nacht war das Entry im Hotel.

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