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Neele schrak hoch, als das Telefon klingelte.

«Ich denke, wir sollten uns am Sonntag treffen. Was hältst du davon?»

«Hat die Kellnerin keine Zeit?», fragte Neele grantig. Sie hasste es, wenn sie vom Telefon geweckt wurde. Wie spät war es eigentlich?

«Die ist am Samstag dran.» Rainer lachte, dann wurde er ernster. «Es gibt etwas, über das ich mit dir reden muss.»

«Ich höre aufmerksam zu», erwiderte Neele trocken. Die Erwähnung der Kellnerin ärgerte sie.

«Manche Dinge kann man nicht am Telefon besprechen. Keine Sorge, es hat etwas mit dem Fall zu tun! Mir ist etwas aufgefallen.»

«Ich bin am Sonntag nicht in Berlin.» Sie zögerte. «Wenn das jetzt ein Trick ist …»

«Ernsthaft, es geht wirklich um den Fall deines Vaters! Dann sehen wir uns am Dienstag. Um acht am Winterfeldtplatz. Bis dann!» Rainer legte auf.

Verdutzt sah Neele das Telefon an.

Jakob Chrumm

Endlich rückte er näher, der Tag, dem ich schon sehnlichst entgegenfieberte. Ein Monat war nun vergangen, seitdem ich Neele nach zwanzig Jahren wiedergetroffen hatte, und dieses Wiedersehen hatte mein Leben gründlich durcheinandergebracht. Es quälte mich, dass wir uns seit dem Abend in der «Hafenbar» nicht mehr gesehen hatten. Es quälte mich, dass wir uns regelmäßig E-Mails schrieben, aber nie eine Verabredung zustande kam. Immer dieselben Ausreden: die Arbeit, zu viel zu tun … Vor allem aber quälte mich der Gedanke, einem großen Irrtum aufgesessen zu sein. Hatte ich mich in etwas verrannt? Hatte ich etwas missverstanden? Ich wollte ihren Erklärungen so gerne glauben, aber warum konnte ich mir Zeit für sie nehmen, sie sich aber umgekehrt nicht für mich? Und was sollte ich von der wirklich großen Verabredung halten, die wir vor einer Woche getroffen hatten? Wir wollten das kommende Wochenende gemeinsam an der Ostsee verbringen. Natürlich war diese Idee zunächst im Spaß geboren, schließlich hatten wir uns gerade erst nach vielen Jahren wiedergetroffen. Im Verlauf der Zeit war sie aber zu einem festen Vorhaben mutiert. Trotz allem ließ mich die Befürchtung nicht los, dass Neele es nicht ernst meinen könnte. Nicht, dass sich diese Vermutung auf Tatsachen gründete, nein, sie nahm meine Gefühle ganz ohne Grund in Beschlag. Ihre Kraft schöpfte sie aus meiner Erfahrung, dass sich meine Wünsche bisher noch nie erfüllt hatten.

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