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Marius Kleinhans hatte die feste Absicht, Karl Grothner zu entführen, um ein saftiges Lösegeld zu kassieren. Auf ihn war er durch Zufall gekommen, als er einen Pressebericht gelesen hatte, der sich mit dem Grothner-Imperium befasste. Dort war geschrieben worden, dass über den Privatmann Karl Grothner kaum Informationen vorlagen, weil dieser extrem menschenscheu sei und noch niemals ein Interview gegeben hatte. Auch existierten kaum Fotos von dem Mann, was ebenfalls sehr ungewöhnlich war. Immerhin besaß Grothner ein Wirtschaftsimperium und zählte zu den reichsten Menschen im Land. Marius Kleinhans war der klassische Kriminelle. Von leicht überdurchschnittlicher Intelligenz hatte ihn seine eher banale Verbrecherkarriere immerhin darin geschult, Chancen zu erkennen und ziemlich gute Planungen vorzunehmen, wenn es darum ging, an das Geld anderer Leute zu kommen. Er war mit einem Meter siebzig ein eher kleiner Mann, aber er war extrem muskulös, ohne dabei gedrungen oder körperlich unproportional zu wirken. Er trug kurz geschnittenes, braunes Haar und sein bartloses Gesicht war markant männlich. Ein leichter Unterbiss verlieh ihm das Aussehen einer Bulldogge, was auch sein Spitzname damals im Knast war. Zwei Jahre Santa Fu hatten ihn gelehrt, dass es besser ist, alleine zu arbeiten. Damals hatten ihn die Fehler und der Leichtsinn anderer vor Gericht und anschließend ins Gefängnis gebracht. Diesmal wollte er so ein Fiasko vermeiden. Er bestritt seinen Lebensunterhalt mit Einbrüchen und war darauf spezialisiert, die Sicherheitssysteme der Reichen und Schönen zu analysieren und zu umgehen. Aber er geriet immer mehr an seine Grenzen, denn die technische Entwicklung von Bewegungsmeldern, Kamerasystemen und anderen Einrichtungen ging rasant vonstatten. Mehrfach hatte er einen lange geplanten Einbruch abbrechen müssen, weil er trotz aller Vorbereitung Alarm ausgelöst hatte. Marius Kleinhans verstand sich als Gentleman-Einbrecher. Er wollte nicht in Mietwohnungen einsteigen, um der Arbeiterklasse die wenigen Habseligkeiten zu nehmen. Die Reichen wollte er bestehlen. Und so für ein wenig Gerechtigkeit sorgen. Vor allem auf sich bezogen, denn es waren doch die Reichen, die ihn arm hielten. Die ihm jede Chance verweigert hatten und in ihm eine Made sahen, die versuchte, sich einen Krumen vom Kuchen zu holen. Und dieser Karl Grothner war für ihn zum Sinnbild dieser Ungerechtigkeit geworden. Schwer reich und ohne Familie. Geld nur um des Geldes willen. Noch nie hatte Grothner etwas gespendet oder sich sonst irgendwie sozial engagiert. Für Kleinhans war der Magnat wie Dagobert Duck, der ohne sein tägliches Bad im Geldspeicher zugrunde ging. Wenn er es schaffte, Karl Grothner zu entführen und Lösegeld zu erpressen, wäre er selbst reich. Hätte ausgesorgt bis zum jüngsten Tag. Und er hätte etwas Ehrenhaftes getan, diese Arbeit würde ihn als Kriminellen adeln. Schnell hatte Kleinhans in Erfahrung gebracht, dass es unmöglich war, Grothner in dessen Haus zu packen. Das ganze Anwesen war eine einzige Alarmanlage und der Land Rover stand auch nachts vor dem Tor. Einmal in der Nacht wechselte die Besatzung des Wagens und Kleinhans sah keine Chance, auch nur in die Nähe des Wohnhauses zu gelangen, das von einer drei Meter hohen Mauer umgeben und von keiner Seite wirklich zu sehen war. Lediglich in dem Moment, in dem Grothners Mercedes durch das geöffnete Tor fuhr, konnte man das Wohnhaus erkennen. Ein graues, sehr modernes Gebäude mit einem Metalldach. Schmucklos und funktionell. Innerhalb der Mauern, die das Haus umgaben, gab es weder Bäume noch Büsche oder Blumen. Nur gepflegten, kurz geschnittenen Rasen. Auf der Mauer waren Scheinwerfer angebracht, und sobald nachts irgendein Tier die Bewegungsmelder aktivierte, stürzten die vier Männer aus dem Rover und überprüften die Lage. Da war nichts zu machen. Nächtelang hatte Kleinhans das Anwesen im Schutz der gegenüberliegenden Buschgruppe beobachtet. Er suchte nach einem Loch im Sicherheitsnetz des Multimillionärs. Doch auch nach Wochen des Beobachtens und Sondierens hatte er keine Ahnung davon, wie er des Mannes habhaft werden konnte, ohne dass man ihn in kürzester Zeit fassen und zurück nach Santa Fu bringen würde. Doch er gab nicht auf. »Geht nicht gibt es nicht« war seine Devise, und eines Tages hatte er zumindest den Hauch einer Idee.

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