Читать книгу Mörderisches Bayreuth. Ein Franken-Krimi онлайн
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Nun war es so weit und beim Binden seiner Krawatte stellte Behringer fest, dass er sich wirklich auf die Vorstellung freute. Natürlich hatte er sich auf die Handlung von Wagners Oper vorbereitet. Wenn er schon den Text nicht verstand, wollte er wenigsten wissen, was warum auf der Bühne passierte. Er hatte sich im Internet informiert und in die Handlung des „Rheingolds“ und der „Walküre“ eingelesen. Er wusste, dass Sieglinde, die Tochter Wotans, von ihrem Zwillingsbruder Siegmund schwanger war und dass Wotan, der inzestuösen Geschwisterliebe wegen, in furchtbarer Wut Siegmunds Schwert Nothung zerschlagen hatte. Dass Brünhilde, eine der neun Walküren, der schwangeren Sieglinde zu Hilfe geeilt war und diese samt dem zerbrochenen Schwert im Fafnerwald versteckt hatte, war so eine verrückte Idee Wagners, die mit dem wahren Nibelungenlied absolut nichts zu tun hatte. Ganz schön daneben, fand Behringer, aber seine Erwartungshaltung näherte sich trotzdem einer hochprozentigen Neugierde.
Heute Abend erwartete ihn die Fortsetzung des Dramas: mit einem immer noch vor Wut tobenden Wotan und dem Zwerg Mime, Bruder von Alberich, der Sieglinde im Fafnerwald finden und sie und die Reste des zerschlagenen Schwerts in seiner Höhle verstecken würde. Sieglinde würde die Geburt ihres Sohnes Siegfried nicht überstehen, sodass dieser allein bei Mime heranwachsen müsste. Die Götter würden zwischenzeitlich durch einen simplen Trick den Zwerg Alberich um den Goldschatz erleichtern und damit die Riesen bezahlen, die die Götterburg Walhall errichtet hatten. Aus Furcht, den Schatz wieder zu verlieren, würde sich der Riese Fafner in einen fürchterlichen Drachen verwandeln und den Hort bewachen. Doch der herangewachsene furchtlose Siegfried, dem es gelingen würde, aus Nothung ein neues Schwert zu schmieden, wäre schon zur Stelle, um den Drachen zu töten und in seinem Blut zu baden. Ein Waldvögelchen würde ihm darauf raten, aus dem Schatz eine Tarnkappe und den berühmten, alle Macht der Welt verleihenden – aber auch verfluchten – Ring an sich zu nehmen und sich zum Walkürefelsen zu begeben, wo Siegfried auf die in einem Feuerschweif schlafende Brünhilde treffen würde.