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Ach, die alte Tante Voss … Gontard saß in seinem Bureau und legte die Königlich privilegierte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, wie die Vossische ganz offiziell hieß, auf den Schreibtisch und blätterte weiter. Den riesigen Artikel über den neuen preußisch-dänischen Postvertrag hatte er nur überflogen. Bestimmt gab es Geschäftsleute, die sich sehr dafür interessierten, dass ein Brief zwischen Berlin und Kopenhagen fünf Groschen kostete. Gontard kannte niemanden in der dänischen Hauptstadt. Seine Groschen brachte er auch fürderhin lieber in die Schankwirtschaft.

Auch die nächsten Spalten las er nur flüchtig. Die Kohlenausbeute der preußischen Bergwerke nimmt sowohl in Schlesien als am Rhein mit jedem Tage zu. Nach den Meldungen der letzten Tage über dramatisch steigende Getreidepreise schien sich zumindest hier etwas in die richtige Richtung zu entwickeln. Inmitten der Nachrichten entdeckte er die Armenstatistik des Königreichs. Gontard wollte schon weiterblättern, blieb dann aber bei der Zahl von 567 659 Almosenempfängern hängen. Über eine halbe Million, das war halb Berlin – oder mehrmals Breslau. Die Summe aller in diesem Jahre zur Unterstützung der Armen verausgabten Gelder belief sich auf 5 481 317 Thlr. 8 Sgr. 9 Pf. Das waren unvorstellbare Mengen Geld. Wie zu erwarten, fand man die Armen vor allem in den großen Städten vor. Gontard dachte an die vielen mittellosen Schlucker, die in den neuen Stadtteilen Berlins zusammengepfercht hausten. Die Welt drehte sich immer schneller. Telegraphenleitungen und Eisenbahnschienen zogen sich kreuz und quer durch das Land. Postsendungen sausten nach Kopenhagen und in andere große Städte im gesamten Europa. Viele Vorgänge wurden inzwischen von Maschinen erledigt, neuerdings sogar der Krieg. Zugleich hatten über eine halbe Millionen Preußen buchstäblich nicht genug Geld fürs Fressen. Kam es Gontard nur so vor, oder spielte die Welt mit jedem Tag mehr verrückt?

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