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Er schlug sich mit den Händen gegen die Schläfen, rechts, links, um die Bilder zu verscheuchen. Zugleich waren es Ohrfeigen. Als Strafe dafür, dass er derart Unzüchtiges gedacht hatte. »Du musst dich irgendwie ablenken!« War er zu lange allein, sprach er oft selber mit sich, wobei er aber keine Dialoge führte, sondern sich immer nur Befehle gab und dabei die Diktion seiner Mutter nachahmte.

Wo war das Buch geblieben, das ihm seine Frau geschenkt hatte? »Damit du an deinen einsamen Abenden was zu lesen hast.« Doch er las nicht gerne Bücher, höchstens Kriminalromane. Oben auf dem Grammophonschrank lag es. Julius Stinde, Die Familie Buchholz. 1883 erschienen und mächtig vergilbt. Ein Erbstück oder antiquarisch. Er verzog das Gesicht. Kleopatra hätte er gebraucht oder etwas über eine große Kurtisane.

Er ging in den Ausstellungsraum, wo er gleichsam unter öffentlicher Kontrolle stand, denn die Jalousien waren noch nicht heruntergelassen. Die abendlichen Spaziergänger sollten ja stehenbleiben und sich durch die ausgestellten Stücke anlocken lassen. Doch zum Flanieren war es den Leuten wohl zu kalt, alles hastete vorüber, zur Straßenbahnhaltestelle, zum Bahnhof Zoo. Niemand interessierte sich für seine Schaufenster. Göltzsch ließ sich in einen Sessel fallen, von dem aus er die Kantstraße Richtung Zoo am besten im Blickfeld hatte. Paare gingen vorüber, und die Nylonbeine der Frauen schimmerten im Licht der Straßenlaternen. Er dachte sich die Nähte hinauf … die Strumpfbänder … das nackte Fleisch … der Hüfthalter … die Schlüpfer … Sie waren weit geschnitten, und man konnte leicht mit den Fingern hineinfahren … Er schloss die Augen, damit die Bilder noch lebendiger wurden.

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