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Der Plakatständer vor dem Eingang zum Literaturhaus pries in großen schwarzen Lettern auf gelbem Grund die nächste Lesung für das kommende Wochenende an: »Die Erfolgsautorin Cressida Kandel liest aus ihrem philosophischen Kriminalroman In Geschichten verstrickt.« Darunter war ein Foto von Frau Kandel angebracht, einer leidlich hübschen Person mit energischem Kinn, deren schmales Gesicht unter einer Mähne von blauem Haar ein wenig blass wirkte. Wahrscheinlich war sie selbst eher der Meinung, dass sie interessant aussah. Ihn überkam ein spontaner Schwall von Ärger. Diese modernen Lifestyle-Philosophen waren alle nichts weiter als Dünnbrettbohrer, die sich dem Publikumsgeschmack anbiederten, insbesondere bei älteren Frauen, die nichts von guter Literatur verstanden und besser in ihrem Strickzirkel geblieben wären. Und dass man Kriminalromane neuerdings als Literatur ansah, war eine dieser zeitgenössischen Dummheiten, gegen die ernsthafte Literaturkenner wie er selbst schon seit Jahren vergeblich kämpften. Wo blieb da das Transzendente, wo der Ausdruck der Empfindsamkeit? Kriminalromane waren grobe Scheite für ein grobes Lagerfeuer, allenfalls geeignet für grobes Volk mit schlichtem Kunstverständnis. So dürfte er sich natürlich in der Öffentlichkeit niemals ausdrücken, jede Verbindung zwischen Büchern und Feuer war tabu, insbesondere wenn man sie herbei wünschte. Eines jedoch stand fest: Kriminalromane hatten keinen Platz in der intellektuellen Literaturszene! Das hätte gerade dem Leiter des Literaturhauses klarer sein sollen als jedem anderen. Aber Daniel Krumholz hatte diese Lifestyle-Autorin sogar als Writer in Residence eingeladen! Er selbst würde die Frau einfach ignorieren, wenn er ihr begegnete. Sobald er seine eigene literarische Entdeckung publik machen konnte, würde dieses Ereignis sie ohnehin in den Hintergrund drängen, niemand würde ihr dann mehr Beachtung schenken. Kriminalromane! Er schnaubte verächtlich.

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