Читать книгу Als die Oper mit Bier gelöscht wurde. Münchner Bilder und Geschichten von 1158 bis heute онлайн
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Kaiser Ludwig, Kaisergrab in der Frauenkirche
Alter Hof mit Erker am Burgstock
Der Hofstaat war natürlich in heller Aufregung und warf sämtliche Betten und Matratzen aus den Fenstern und baute unterm Erker ein Auffanglager für den Fall, dass der spätere Kaiser herunterplumpst. Der Affe war aber nicht so dumm ihn fallen zu lassen, sondern kletterte mit seinem Spielkameraden wieder ins Haus zurück und war von nun an der Star in der Burg, so wie vor wenigen Jahren unser »Knut« oder »Flocke«.
Diese herrliche Viecherei hat nur einen Haken: Sicher ist, dass der Affe mit dem Kind irgendeinen Scherz getrieben haben muss, aber dass er den Erker mit dem Kleinen auf dem Arm hinaufgeklettert sein soll ... da widerspricht leider die historische Realität: Der Erker wurde nämlich erst 120 Jahre nach dem Tod des kleinen Ludwig erbaut!
1615
»Ich rufe auf Befehl Gottes und so laut ich kann: Lasset die Hexen nicht leben! Mit Feuer und Schwert ist diese schlimmste menschliche Pest zu vertilgen!«, predigte der Jesuit Drexel 1615 von der Kanzel der gerade eingeweihten Michaelskirche. Dass durch Hexenprozesse auch Unschuldige bestraft werden könnten, ließ er ebenso wenig gelten wie den Einwand, dass trotz Jahrzehnten der Hexenverfolgung sich die Anzahl der Hexen nicht verringert hätte. Vielmehr war für ihn die Tatsache, dass die Obrigkeit »so viel tausend dieses höllischen Pöbels« hatte verbrennen lassen Beweis genug, »dass Hexen und Unholde tatsächlich existierten«. Der erste große Hexenprozess in München lief schon ein paar Jahre vorher, anno 1590: Unter Vorsitz des Stadtoberrichters Christoph Riemhofer wurden »vier Weibspersonen wegen Hexerei zum Feuertod« verurteilt: Anna und Brigitta Anbacher, Regina Lutz und Regina Pollinger. Sie hatten Geschlechtsverkehr mit dem Teufel und fuhren nachts durch die Lüfte über die Felder vor München aus und verwüsteten sie. Alle vier wurden gleichzeitig lebendig verbrannt. Um Hexen in München ausfindig zu machen, wurde Jörg Abriel, ein Henker und Hexenspezialist aus Schongau, eigens nach München geholt. Hexen erkannte man an ihren »Hexenmalen«, Muttermale, Leberflecke oder Hautabschürfungen. Wenn sie beim Hineinstechen mit einer Nadel nicht bluteten, war dies ein sicheres Zeichen für eine Hexe. Münchens große Hinrichtungsstätte lag genau an der Stelle des heutigen Bus-Bahnhofes Hackerbrücke. In der Regel wurden die Frauen an einen senkrechten Baumstamm gebunden und bei lebendigem Leibe verbrannt. Waren sie gebrechlich oder schon in hohem Alter, verkürzte der Henker die Hinrichtung, indem er sie am Baumstamm mit einer Zwinge vorher erdrosselte. Jungen Mädchen wurde als Gnadenerweis manchmal ein Säckchen Schwarzpulver an den Hals gebunden, das beim Höhersteigen der Flammen explodierte und den Hals zerriss, bevor der Körper verbrannte. Die zum Feuertod verurteilten Frauen und Mädchen mussten die Kosten für ihre Verbrennung selbst bezahlen: Der Henker bekam 40 Gulden, die nötigen fünf Klafter Holz kosteten 7 Gulden 30 Kreuzer, zwei Schober Stroh 4 Gulden und die 15 Pechkränze zum Anzünden je 30 Kreuzer. Nur wenn die »Hexe« mittellos war und keine Verwandtschaft dafür aufkommen konnte, bezahlte den Scheiterhaufen die Stadtkasse. Das letzte Hexenfeuer brannte in München 1721 für die Hofstallknechtstochter Dellinger, die erst erdrosselt und dann verbrannt wurde.