Читать книгу Staatsfeinde онлайн
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»Lass uns solche Fragen im Chat besprechen. Ich denke, wir fühlen uns dann beide – freier, zu sagen, was wir denken.«
Wenig später saß er wieder in der Gebärmutter am Terminal, das Chat-Fenster vor sich. Lenis Text erschien zwar auf dem Bildschirm, wurde aber direkt an sein künstliches Alter Ego weitergeleitet. Umgekehrt empfing sie nicht seine Antworten, sondern die des neuronalen Netzes. Es war eine primitive Form des Turing-Tests, den sie ahnungslos durchführte. Dass er dabei erfuhr, was sie in Bezug auf seine Person bewegte, empfand er eher als Belastung denn als Bonus. Ihre erste Frage vorhin schmerzte jedenfalls schon fast wie eine Berührung. Der Test dürfte nicht lange dauern, sagte er sich, falls es so weiterginge. Sie würde den Schwindel bald durchschauen.
Beides traf nicht zu. Der Chat zwischen Leni und der Maschine entwickelte sich zu einem spannenden Dialog, der sie offenbar reizte, immer neue Fragen zu seiner Person, den Vorlieben, Lebensumständen, schlimmen Ereignissen und Gott weiß was zu erfinden. Das künstliche Gehirn wusste auf alles eine einleuchtende Antwort. Wo es keine gab, wich der Computer mit Ausreden aus, die durchaus humorvoll daherkamen. Sicher, die Art von Antworten kannte man schon seit geraumer Zeit von elektronischen Assistenten wie Apples Siri, aber die Qualität dieses Dialogs war doch eine ganz andere.