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Das erneute Krächzen des Fasans, das ihn wenige Minuten zuvor aus dem Tiefschlaf gerissen hatte, hörte Doktor Mertens schon nicht mehr.

Kapitel 2

Der Regen, den „Lolita“ mit Windstärke 9 vor sich hertrieb, bildete eine Wand aus feinen grauen Nadelstreifen, die den nahen grasbewachsenen Seedeich unsichtbar werden ließen. Dicke Tropfen schlugen mit großer Wucht gegen die Haustür. Drinnen hörte es sich so an, als würde jemand kleine Steine gegen das Haus werfen. Im Schlot pfiff der erste Wintersturm des neuen Jahres, das gerade einmal 29 Tage alt war, seine schaurigen Lieder. Immer dann, wenn der ohnehin schon kräftige Nordwestwind auffrischte und Schauerböen über das flache Land peitschten, klang es in dem mit roten Ziegelsteinen verklinkerten Haus am Deich so, als rausche draußen ein D-Zug vorbei.

Vor sich auf dem Esstisch zwischen ihren Händen stand eine dampfende Tasse Ostfriesentee. Herma saß in der Küche ihrer gemütlichen Friesenkate in Ostbense und starrte in Gedanken versunken durchs Küchenfenster hinaus in das eintönige Grau, das die Felder und die Wiesen, die Bäume und die Windräder verschluckt hatte. Nicht einmal die im Sekundentakt aufblitzenden Warnlichter, die auf den Maschinenhäusern montiert worden waren, um Piloten von Hubschraubern und Kleinflugzeugen vor einer Kollision zu warnen, waren zu sehen. Mit ihren Augen, die müde und traurig aussahen, fixierte sie geistesabwesend einen Maulwurfshügel, der inmitten einer großen Pfütze stand, die sich über Nacht in ihrem Garten gebildet hatte. Der schwarze Erdhaufen, der aus der überschwemmten Rasenfläche herausragte, sah aus wie eine Vulkaninsel. Das Bild erinnerte Herma an ihre Kindertage. Damals hatte sie keine Folge der Augsburger Puppenkiste verpasst. Wenn „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ über die Mattscheibe flimmerten, hatte sie immer gebannt die Abenteuer der beiden auf der fiktiven Insel Lummerland, die aus zwei Bergen bestand, verfolgt. Noch heute waren ihr der Refrain der Titelmelodie und die Darstellung des Meeres mit flatternder Klarsichtfolie, die von einem blauen Licht angestrahlt wurde, in Erinnerung geblieben. Herma stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ach ja ... Alles Scheiße“, hörte sie sich sagen. Das letzte Wort schoss zischend aus ihrem Mund. Es hörte sich an, als versprühe eine Schlange wütend ihr Gift.

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