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Früher hatte sie Freude bei dem Gedanken empfunden, einen spannenden Fall zu lösen. Bei dem Wetter hätte sie ihren gelben Friesennerz, den sie vor langer Zeit im Emder Käptn’s Shop gekauft hatte und den sie so liebte, übergezogen und sich bei Sturm und Regen auf den Deich gestellt, um die Naturgewalten zu genießen. Heute saß sie in ihrer Küche und wurde von Depressionen gequält. Von Zeit zu Zeit hatte Herma das Gefühl, Wasser im rechten Ohr zu haben. Alle Geräusche und Stimmen, die sie wahrnahm, drangen dann seltsam gedämpft und nur sehr leise bis zu ihrem Innenohr durch. Manchmal brachte sie ein hoher Pfeifton fast um den Verstand. Diese Ohrgeräusche konnten tagelang anhalten. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt, zu dem sie gegangen war, hatte von Tinnitus gesprochen und einen Hörsturz diagnostiziert. Eine Krankenschwester hatte ihr kurz darauf eine Kanüle in die Armvene geschoben und eine Infusion mit hoch dosiertem Cortison gelegt. Allein der Gedanke daran ließ Herma erschaudern. Kein Zweifel: Der Mordanschlag hatte Spuren hinterlassen – an ihrem Körper und an ihrer Seele. Herma schüttelte ihren Kopf. „Verdammt, der Kerl ist tot. Ich lasse es nicht zu, dass dieses Schwein weiter Macht über mich hat und ich am Ende daran zerbreche“, sagte Herma laut zu sich selbst – so als wolle sie sich Mut machen. Dann wäre es dem Serienmörder Ronny Rosslau nach seinem Selbstmord doch noch gelungen, sie zu zerstören. Ihr Vater hatte recht, als er zu Lebzeiten zu ihr gesagt hatte: „Nach dem Sturz muss man gleich wieder aufs Pferd steigen.“ Wenn ich jetzt aufgebe, ist mein Leben, so wie ich es mag, vorbei, dachte Herma. Das durfte sie nicht zulassen. Die Ostfriesin trank einen Schluck von dem starken Assam-Tee. Sie wirkte jetzt entschlossen, beinahe trotzig.

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