Читать книгу Mord auf der Messe. Katzmanns fünfter Fall. Kriminalroman (Es geschah in Sachsen 1926) онлайн
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Eggebrecht dachte in letzter Zeit immer öfter an seine Kindheit in der Kaiserzeit. Damals hatte er vor allem eines gewollt: raus. Raus aus dem Leipziger Westen, weg von der Plackerei für karge Löhne. Weg von den Arbeiterkneipen, in denen stolze Proletarier nach dem zehnten Bier von der «Relulution» lallten, bevor sie unter den Tisch fielen.
Gleich nachdem er den Krieg überlebt hatte, war er deswegen in die bürgerliche Südvorstadt gezogen. Ein Großteil seines Lehrlingsgehaltes ging für das Zimmer zur Untermiete drauf. Es war ungefähr so groß wie eine Besenkammer, aber dafür konnte er zwischen Handwerksmeistern, Ladenbesitzern und Gymnasiallehrern wohnen.
Inzwischen zählte er selbst zu diesen Bürgern. Und nun erschien ihm seine Lindenauer Kindheit immer freundlicher – so, als hätte zwischen Leutzscher Holz und Lindenauer Markt immer die Sonne geschienen. Und so, als wäre in Berlin, wo er jetzt wohnte, immer November.
Abgesehen von der Ermanox, mit der er seine Photos schoss, nahm er nach wie vor kaum am technischen Fortschritt teil. Wozu auch? Er brauchte kein Automobil und kein Motorrad. Die Bahnen fuhren ihn in Berlin, wohin er wollte. Und einen eigenen Fernsprecher, wie ihn die Großbürger in ihren Villen hatten, brauchte er auch nicht. So oft war er nicht zu Hause. Nur einen Radioempfänger … ja, das wäre etwas, worauf es sich zu sparen lohnte.