Читать книгу Fallsucht. Der andere Berlinkrimi онлайн
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Oskar hatte ihn oft gefragt, warum er nicht wegzöge. Der Umgebung seiner Wohnung waren die zwanzig Jahre mehr auf dem Buckel nicht gut bekommen. Aufgerauht und durchgegraut. Die Menschen sahen immer weniger zueinander und immer mehr auf ihre Displays. Die Straßenraubfrequenz nahm zu, im Parterre ließ niemand mehr seine Fenster offen, die Haustür hatte eine dauerhaft defekte Gegensprechanlage zur Verstärkung bekommen, die Eckkneipe war einer Daddelhölle gewichen, der kiezige Kramladen einer Billigdrogerie, der Schreibwarenladen rechts neben seiner alten Wohnung, vor dem sich zu Schulbeginn vor zehn Jahren noch die Kinder zappelnd anstellten, beherbergte jetzt eine Karaokebar.
Andererseits war es unter anderem diese Karaokebar, die ihn bleiben ließ. Eine Nachbarin hatte aus ihrem Schlafzimmer versucht, die vor die Bar tretenden Sänger an einem Sonntagmorgen um kurz nach vier mit dem Inhalt einer Wasserpistole auf ihre vom Alkohol vernebelten Hirne zum Schweigen zu bringen.
Da das aus dem vierten Stock wenig Erfolg hatte, bat sie den Kommissar um polizeiliche Mithilfe. Jakob traf mit dem schweigsamen Mieter aus dem ersten OG eine konspirative Vereinbarung. Der übernahm die Wasserpistole zu treuen Händen und die um ihren Schlaf gebrachte Nachbarin aus dem vierten dafür seinen Treppenwischdienst. Das war Nachbarschaft wie in alten Zeiten. Erst recht, als die Karaokebar an ihre Kundschaft Regenschirme ausgab und schließlich eine beschichtete Markise installierte. Sie nahmen es sportlich und brüteten über einer kreativen Antwort.