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Heiko stand ehrfürchtig vor dem imposanten Ziegelsteinbau und zog seinen DuMont-Reiseführer zu Rate. Vom Hauptportal bis zum Ende der Hinterbühne maß das rote Gebäude 100 Meter, verriet ihm der, und dass das Festspielhaus eines der Opernhäuser mit der weltweit besten Akustik sei, weil seine Innenausstattung hauptsächlich aus Holz gebaut war. Selbst auf Sitzpolster hatte Richard Wagner bewusst verzichtet, um die Schallausbreitung nicht negativ zu beeinflussen. Er las weiter: Neben der 22 Meter tiefen Hauptbühne gab es noch die ebenso bespielbare Hinterbühne. Die Höhe des Bühnenportals betrug knapp zwölf Meter und der Dachfirst lag gar 36 Meter über dem Bühnenniveau. Heiko stahl sich an das Hauptportal heran und fragte einen der Arbeiter, wo denn die Spielpläne auslägen.

„Warten Sie hier“, antwortete der, „ich hole Ihnen einen.“ Dann verschwand er in den Tiefen der Eingangshalle, kam aber kurz darauf wieder zurück. „Bitteschön“, erbot er sich und überreichte Heiko einen Faltplan.

28 öffentliche Aufführungen und zwei geschlossene Vorstellungen für Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes wurden zwischen dem 25. Juli und dem 28. August gegeben. Morgen würden auch Heiko und Annalena erstmals die heiligen Hallen betreten – zusammen mit den 1.972 anderen Zuschauern, die neben ihnen beiden noch in den Opernbau hineinpassten – und zweieinhalb Stunden, ohne Pause, „Rheingold“, die Vorgeschichte der Tetralogie um den Ring des Nibelungen genießen. Zweieinhalb Stunden voller Streit um Macht und Liebe, der mit dem heimtückischen Raub des Schatzes der Rheintöchter seinen Anfang nehmen würde. Heiko war Feuer und Flamme und hatte seine verbale Auseinandersetzung mit Annalena fast schon vergessen.

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