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Meine Oma ist eine Dauerrednerin. Sie funktioniert wie ein Automat: Kaum wirft man eine Münze rein, schon beginnt sie mit aufgeregter Stimme und in ständig ansteigendem Tonfall zu reden. Meistens quatschen diese beiden senilen Idioten im Duett. Opa schwärmt vom Zweiten Weltkrieg, Oma redet vom Essen.

Alle außer Opa, der eingenickt ist, bemitleiden plötzlich Felix, der bei diesen fürchterlichen Regenfällen nicht draußen spielen kann.

»Der arme Bub, kein Wunder, dass er so wild ist …, den ganzen Tag im Haus eingesperrt …«, säuselt die Oma.

Keiner hat Mitleid mit mir. Obwohl ich die einzig wirklich Leidtragende bin. Denn wenn Felix fad ist, sekkiert er mich pausenlos. Ich darf ihn nicht schlagen. Offiziell werden wir beide ja ohne Prügel erzogen. Aber wenn keiner von den Alten in der Nähe ist, verpasse ich ihm schon manchmal eine. Natürlich läuft er dann gleich heulend zur Mama und ich bekomme die Schläge doppelt und dreifach zurück. Antiautoritäre Erziehung nennt Papa das.

Felix ist Mamas Goldstück, ihr Pimmelchen, ihr Leckermäulchen. Außerdem hält sie ihn für ein kleines Genie. Sie ließ ihn letzten September einschulen, obwohl er erst im Oktober sechs geworden ist. Altklug und vorlaut, lautete das sachliche und nüchterne Resümee seiner Lehrerin, nachdem sie ihn ein paar Monate genossen hatte. Seit dem Elternsprechtag überlegt Mama ernsthaft, ihn dem negativen Einfluss dieser »stumpfsinnigen Person« zu entziehen und in eine Waldorfschule zu stecken. »Wenn die Anthroposophen nur nicht so weit weg wären …« Mama zerrt ihn auch dauernd auf ihren Schoß und knutscht ihn ab, obwohl er ja längst kein Baby mehr ist. Ich finde ihr Getue zum Kotzen.

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