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Als flache Sonnenstrahlen durch den Vorhang sickerten und fingergleich über die Bettdecke strichen, stand sie auf. Rasch zog sie sich an, nahm den Hund an die Leine und ging in den Wald hinaus. Sie liebte den Wald ebenso wie ihr Mann. Doch auch hier wurde ihr der Gegensatz zwischen ihnen schmerzlich bewusst. Für ihn war der Wald eine Arbeitsstätte, die er zu verwalten, zu hegen und zu pflegen hatte. In der es um die Holzwirtschaft ging, um Schlägerung und Aufforstung, um Windbruch und Käferbäume, um die Anlage von Fahrwegen und die Lagerung sowie den Abtransport der Stämme. Dafür war er verantwortlich, seinem Arbeitgeber, der Herrschaft, Rechenschaft schuldig. Die Hege des Wildbestandes gehörte natürlich ebenfalls zu seinen Aufgaben, er hatte dafür zu sorgen, dass sich dieser in Grenzen hielt, um den Bäumen so wenig wie möglich Schaden zuzufügen.

Für sie war der Wald Ausdruck ihrer Spiritualität, die auf der Verehrung der Natur und ihrem Verständnis dafür, in Einklang mit ihren Zyklen und Bedürfnissen zu leben, beruhte. Für sie war ein Baum ein lebendes Wesen, Teil einer allumfassenden Harmonie und nichts, das man in Festmetern, Gewinn oder Verlust berechnete. Sie sah in der Natur einen wesentlichen Bestandteil ihrer Seelenebene, die sie mit all ihren Sinnen wahrnahm. Schon als Kind verweilte sie viele Stunden mutterseelenallein im Wald, vernahm das Raunen der Äste im Wind, das leise Gluckern eines Wasserlaufes, erfreute sich an all den Licht- und Schattenspielen im Unterholz. Jede kleine Tannennadel, jeder dahinkrabbelnde Käfer war ein guter Freund. Die allumfassende Harmonie der Natur mit ihren ureigenen Regeln, Rhythmen und Gesetzen faszinierte sie ungemein. Ihr Vater, der im Dorf als Exzentriker galt, da er bei den ersten Sonnenstrahlen nach langen Wintermonaten bereits barfüßig im Wald herumlief und dabei mit den Bäumen sprach, hatte ihr die sinnliche Erlebbarkeit der Natur nahegebracht und sie geprägt. Er war ihr Mentor, der ihr die Freundschaft, aber auch die Verantwortung für die Natur und die Schöpfung tief ins Herz gepflanzt hatte. Was sie draußen in der freien Natur empfand, ging weit über das Physische hinaus. Eines Tages hatte sie dieses Gefühl, welches sie bei ihren Streifzügen durch den Wald wahrnahm, ihrem Mann erklären wollen, doch er hatte sie nur ausgelacht, sie eine Mystikerin, eine Esoterische genannt. In diesem Moment begriff sie, dass man das Unerklärliche nicht erklären kann.

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