Читать книгу Allmächd, scho widder a Mord!. Zwölf Kriminalgeschichten aus Ober-, Mittel- und Unterfranken онлайн
47 страница из 105
Ihre Freundin Kathie glotzte sie mit tellergroßen Augen über den Couchtisch hinweg an und drehte ihren Kopf wie ein Uhu in alle Richtungen. Dort, wo sonst ihre Nase saß, war ihr ein gelber Hakenschnabel gewachsen. „Hi, hi, du siehst aus wie eine Eule“, wieherte Nelli.
„Ich bin eine Eule, ich bin eine Eule“, uhute Kathie zurück, stieg auf einen Stuhl und schlug mit den Armen. „Ich kann fliegen.“
Nelli überfiel ein plötzlicher, heftiger Schweißausbruch. Das Zimmer schien sich zu drehen, und Justus von Weihersbach schritt aus einer dichten Nebelwand. Hinter ihm folgte ihre Mutter aus dem weißen Dunst. Justus war seltsam gekleidet. Auf seinem Kopf thronte ein kanariengelber Zylinderhut. Sein schmächtiger Körper steckte in einem lilafarbenen Smoking mit weißen Flecken. Er sah aus wie die Milka-Kuh auf der Alm. In seinem Gesicht blinkten die Pickel wie tausend rote Ampeln. Ihre Mutter sang ständig: „Hosianna, Hosianna“ und trug ein weißes Kissen vor sich her, auf welchem zwei Trauringe lagen. Wie aus dem Boden gezaubert stand plötzlich ihr Uni-Professor, der alte Hubertus Jennerwein vor ihr, hielt das Strafgesetzbuch in der Hand und rezitierte mit seiner dünnen Fistelstimme: „Paragraph eins: Juristen sollst du keine freien, wirst es dir sonst nie verzeihen.“