Читать книгу Kaltfront. Psychothriller онлайн
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Und eines Morgens wachte ich auf und alles war vorbei. Etwas in mir hatte den Tod meiner Eltern akzeptiert, hatte von ihnen Abschied genommen, hatte sich mit den Tatsachen abgefunden. Es war, als hätte ich in diesen Wochen mein ganzes Reservoir an Trauer restlos ausgeschöpft. Jedenfalls habe ich seither nie wieder geweint. Um nichts und niemanden.
(Ich denke, meine Frau Doktor Freud hat dafür vermutlich eine ganz andere, komplizierte, hochwissenschaftliche Erklärung. Aber die kann sie sich sonst wohin stecken.)
Schön langsam begann ich mich mit der Situation anzufreunden, in der ich mich nun befand. Ich muss sagen, sie war gar nicht so schlecht. Unsere Eltern waren mit ihrer Unternehmens- und Wirtschaftsberatungskanzlei äußerst erfolgreich gewesen, hatten einen Haufen Geld verdient und Thomas und mir ein kleines Vermögen hinterlassen. Dazu zwei hohe Lebensversicherungen, Vaters geliebtes VW-Cabrio und außerdem die riesige Eigentumswohnung in bester Lage am Stadtrand. Selbst nach Abzug der Erbschaftssteuer mussten wir uns für viele Jahre nicht die geringsten finanziellen Sorgen machen. Deshalb war mir auch vom Gericht ohne Bedenken die Obsorge für meinen Bruder übertragen worden, so dass ich ohne mein Zutun das Versprechen halten konnte, das ich ihm im Zustand völliger Verwirrung gegeben hatte: Wir blieben zusammen und konnten weiter in unserer Wohnung leben. Thomas würde weiterhin zur Schule gehen. Und ich würde mein Jusstudium fortsetzen, und zwar ganz bequem und ohne den Leistungsdruck, unter den mich mein Vater bisher gesetzt hatte. Alles bestens, dachte ich.