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Dann sagte Carlo: »Das war eine andere Zeit. Mein Großvater hat all das nicht erlebt. Zum Glück. Dass er mich verflucht, hätte ich nicht ertragen. Schlaf, Filippo, morgen sind wir auch noch hier, dann können wir weiterreden.«

Daraufhin kletterte Filippo auf die obere Pritsche und schlief glücklich ein, den Kopf voll unzusammenhängender Träume.

Ich habe sechs Monate lang jeden Abend, jede Nacht zugehört. Heute, allein im Gebirge, im Stich gelassen, verraten, klingt das sonderbar.

Vergiss das alles, sonst gehst du kaputt. Filippo steht auf, streckt sich, schnappt sich den Rucksack, schultert ihn und macht sich an den Abstieg zum See. Sein Entschluss steht fest, er geht nach Mailand.

10. Februar, Paris

Lisa Biaggi führt ein sehr geregeltes Leben. Sie verlässt frühmorgens ihre kleine Wohnung in der Rue de Belleville, nimmt an der Station Belleville die Métro, um nach La Défense zu gelangen, wo sie in einem Zentrum für Arbeitsmedizin als Sprechstundenhilfe arbeitet, und unterbricht die Fahrt an der Station Étoile, um an einem international gut sortierten Kiosk – Tourismus verpflichtet – die italienischen Zeitungen vom Vortag zu kaufen. Sie schlägt sie nicht gleich auf, sie nimmt sich Zeit zum Schlendern und lässt die Gedanken schweifen. Heute ist es sonnig und kühl, wie ein Vorgeschmack des Frühlings, sie setzt sich mit dem Gesicht zur Sonne auf eine Caféterrasse ganz am Anfang der Champs-Élysées und bestellt einen Cappuccino und Croissants. Dieser Zwischenstopp ist der beste Moment des Tages. Sie kostet ihn aus. Seit 1980 ist sie politischer Flüchtling in Frankreich, sie hat hier eine feste Arbeit gefunden, die ihr eine relativ komfortable Existenz ermöglicht, kann sich aber nicht dazu durchringen, hier tatsächlich ihr Leben zu leben. Sie ist über vierzig. Sie spürt, wie sich ihr Körper, ihr Gesicht, ihr Geist verhärten beim Warten auf die Rückkehr, aber es hilft nichts, und die Lektüre der Nachrichten aus der Heimat entfacht den Schmerz des Exils jeden Tag neu. Sie betrachtet den immer dichter werdenden Menschenstrom auf dem Gehweg, seufzt, der Cappuccino ist getrunken, die Pause ist zu Ende, sie schlägt den Corriere della Sera auf, beginnt gedankenverloren darin zu blättern. Schock. Im Innenteil Carlos Foto. Carlo, ihr Gefährte, der Mann ihres Lebens. Überschrift: Spektakuläre Flucht ... Mit Herzklopfen und verschwommenem Blick springt sie von Zeile zu Zeile.

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