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Letztes Jahr war er mit einer schwer drogenabhängigen Frau wegen der kleinen Holzkrippe, die meine Eltern tatsächlich recht naturalistisch zwischen ihren ganzen Skulpturen und Trödelmarktgesims aufgebaut hatten, in Streit geraten. Erst ging es darum, ob es rassistisch sei, das Kind Jesu immer nur als blond gelockt und blauäugig darzustellen. Dann war man plötzlich beim Stern von Bethlehem und bei der Astrologie, und unsere Besucherin entpuppte sich als inbrünstige Sternendeuterin. Mein zynischer Bruder ließ kein gutes Haar an ihren Ausführungen und ärgerte sie, indem er ihr das Sternzeichen ‚Zicke‘ attestierte. Als der Streit kulminierte, stand sie auf, griff ihre Handtasche und rief: »Ich muss mal auf den Balkon, das dumme Gequatsche von diesem jungen Besserwisser ist ja nicht auszuhalten!« Als sie wiederkam, war schon bei ihren langsamen, schlurfenden Schritten klar, dass sie sich einen Schuss gesetzt hatte.

Nach diesem Heiligen Abend erklärte mein Vater, er würde nächstes Jahr auf den fremden Weihnachtsgast verzichten und lieber die monatlichen Überweisungen an Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen und die Berliner Kältehilfe für Obdachlose erhöhen. Meine Mutter noch zermürbt vom Vorabend und von Falks anschließenden hirnrissigen Rechtfertigungen stimmte sofort zu. Doch trotz erhöhter Spendenzahlungen wurde sie am 23. Dezember wieder schwach und wählte ritualhaft die Vorweihnachtstags-Nummer der Organisation der Tochter ihrer Bekannten, der Kunstsammlerin. Und so kam es, dass auch dieses Jahr wieder ein unbekannter Gast mit bei uns am Tisch sitzt.

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