Читать книгу Der kalte Engel. Roman. Doku-Krimi aus dem Berlin der Nachkriegszeit онлайн
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»Nein: kleine Geschichten … und jetzt einen Roman.«
»Oh … Wenn Sie mir das nötige Papier dafür mitliefern, drucke ich ihn gern. Haben Sie diesbezügliche Beziehungen zu Alliierten?«
Dorothea Merten war zutiefst verwirrt. »Nein, ich … Es ist die Geschichte der Laubenkolonie, in der ich aufgewachsen bin. Eine Familie wird ausgebombt und wohnt dann da … Im Baumschulenweg. Daher kommt dann auch der Titel: Kolonie Südpol … Es ist eine Liebesgeschichte, die …«
»Machen Sie mal …« Der Verleger gab sich jovial. »Ich lese’s gerne mal, wenn es fertig ist.«
Als er gegangen war, kam ihr Chef zu ihr und sah sie tadelnd an. »Bitte, Fräulein Merten, Sie verscheuchen mir ja die Kunden. Der Herr Doktor Düker kommt doch bestimmt nicht wieder, wenn Sie ihn mit Ihren Anliegen behelligen.«
»Entschuldigung, aber …«
»Ich möchte das nicht noch einmal erleben.«
»Jawohl, Herr Beigang.«
Der Chef war nicht gut auf sie zu sprechen, nachdem sie ihn mehrmals abgewiesen hatte. Obwohl er immer wieder beteuerte, wie glücklich er mit seiner Erna sei und gerade erst silberne Hochzeit gefeiert hatte, wollte er ihr in einem fort an die Wäsche. Ihre Schwester sagte immer: »Der sollte Beischlaf heißen und nicht Beigang.« Da er im Krieg einen Arm verloren hatte, den rechten noch dazu, konnte sie sich aber immer schnell wieder befreien, wenn er sie zu umarmen suchte. Zudem hatte er ein Glasauge, das immer herauszufallen drohte, wenn er allzu stürmisch wurde. Nun ja, sie konnte froh sein, überhaupt Arbeit zu haben. An sich war sie gelernte Buchhalterin, aber da es im Schreibmaschinenladen nicht viel zu verbuchen gab, war sie zumeist als Verkäuferin im Einsatz. Kinder hatte sie keine, verheiratet war sie zwar, lebte aber von ihrem Mann getrennt, wenn auch noch in derselben Wohnung. Doch insgesamt war sie alles andere als depressiv. Krieg und Blockade waren zu Ende, sie hatte überlebt und sie konnte jeden Abend in andere Welten flüchten, wenn sie zu Hause an ihrer alten Maschine saß und schrieb.