Читать книгу Der kalte Engel. Roman. Doku-Krimi aus dem Berlin der Nachkriegszeit онлайн
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»Am liebsten fahr’ ich ja auf den Verbundzügen, die mit dem Mitteleinstieg – TM 31, 33 und 36 –, weil die immer schnell anziehen, neulich hab’ ich aber mal wieder ’n T 33 U abbekommen – ›Stube und Küche‹ …« Diese Triebwagen hießen bei den Berlinern so, weil ihr großer Innenraum durch eine Mitteltür in ein größeres Abteil für Nichtraucher (die Stube) und ein kleineres Abteil für Raucher (die Küche) unterteilt war. »… morgens, alle auf dem Weg zur Arbeit, und alle hatten’s eilig. Aber fast nur Raucher an Bord … und das Raucherabteil in Fahrtrichtung vorn. Ich rufe immer wieder: ›Durchtreten bitte, sonst kippen wir!‹ Doch die Leute sind stur. Und was passiert? Erst wippt der Wagen, dann knallt mir der Fangkorb auf die Schienen und verhakt sich da … Aus und vorbei.«
Dorothea Merten liebte ihre Schwester. Ilse war drei Jahre älter als sie und das, was die Berliner einen Gemütsathleten nannten. Waldemar, ihr Mann, war noch immer in sowjetischer Kriegsgefangenschaft und arbeitete irgendwo bei Workutsk in den Wäldern. Ihre Schwiegermutter kam jeden Tag vorbei, um die beiden Kinder zu versorgen, Jörg und Hannelore. »Uns geht’s eigentlich ganz gut. Wenn’s uns besser ginge, wär’s kaum auszuhalten.« Mit Walter Ulbricht und der SED hatte sie keine Schwierigkeiten. »Die tun mir nischt, und ick tu’ ihnen nischt.« Was sie am Arbeiter-und-Bauern-Staat so schätzte, war ganz einfach: »Bei die haben wir Frauen noch die meisten Chancen. Im Westen sitzen nur Männer anne Kurbel.« Wenn sie sich Mühe gab, konnte sie auch richtig Deutsch, doch warum sollte sie sich Mühe geben, wenn sie bei sich zu Hause an der Kochmaschine saß und Muckefuck trank. »Da könn’n se mir ma alle.«