Читать книгу Mitternachtsnotar. Berlin-Krimi онлайн
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Bei der Beratung sitzt mir nicht der vor zehn Jahren noch übliche picklige Asta-Vertreter gegenüber, sondern eine perfekt geschminkte Frau Anfang zwanzig im Kostüm und mit Kopftuch, aber ohne Akzent. »Hast du denn die Zwischenprüfung bestanden?«, fragt die Perfekte sehr freundlich.
»Klar.«
Das Nichtbestehen der vorlesungsbegleitenden Zwischenprüfung führt zur sofortigen Zwangsexmatrikulation, das weiß sogar ein Silver Surfer wie ich. Aber hey, ich hab ja nicht hingeschmissen, weil ich zu blöd war, sondern wegen Horst Lustenberger.
Horst Lustenberger, der zweite Mann meiner Mutter, ist ein verdienstvolles Mitglied des Deutschen Bundestages. Niemand außer mir kann sich daran erinnern, dass er während des Berliner Bankenskandals im Jahr 1999 in die Parteikasse gegriffen hat. Ich hatte damals gerade ein Studentenpraktikum in der Parteizentrale absolviert, weil der Horst ja etwas für mich tun wollte. Schlechtes Timing.
Während des Praktikums teilte mich der Justiziar zur Abteilung Haushalt und Finanzen ein, da herrschte nämlich Personalnot. Also saß ich da, Wilhelmstraße 60, Zimmer 006, und sortierte Belege. Im Nebenzimmer saß der oberste Buchhalter der Fraktion, der Büroleiter. Das war seit sechzehn Jahren ein gewisser Mister Unauffällig in Person. Morgens sah ich ihn ins Büro huschen und abends wieder raus.