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Es gab keinen Grund dafür, dass sie bei seinem Anblick irgendetwas Besonderes empfand. Schließlich hatte sie ihn schon zweimal gesehen, seit sie nach Zürich zurückgekehrt war, einmal hatte sie sogar lange mit ihm gesprochen. Natürlich ging es bei diesem Gespräch ausschließlich um Literatur und um ihre bevorstehende Lesung. Aber es war immerhin ein richtiges Gespräch gewesen.

»Danke, es läuft gut, der Mord ist schon geplant«, flüsterte sie zurück. Einen Moment lang befürchtete sie, er würde jetzt seine Hand auf ihre Schulter legen. Aber dann ging er mit einem freundlichen Nicken weiter, nahm eine Zeitschrift vom Regal und verließ den Lesesaal.

Sie schrieb: »Die Uhr tickte weiter, während sein Blut aus den Herzkammern rann, das Herz langsam zuckte und endlich zum Stillstand kam.« Dann strich sie den Satz wieder. Unten auf dem Limmatquai herrschte früher Sonntagabend, das Grau war in klumpiges Tintenblau übergegangen. November. Auf der Straße liefen ein paar Touristen in warmen Jacken, die Smartphones schussbereit in der Hand, und suchten nach Motiven. Sie sahen nicht glücklich aus. Überall herrschte eine Atmosphäre, die nach brütenden Aggressionen schmeckte, nach enttäuschten Erwartungen in unpersönlichen Hotelzimmern, Hass auf den selbstsüchtigen Dauerpartner, Neid auf diejenigen, die sich auf der fernen Sonnenseite des Lebens zu befinden schienen. Selbst hier, im Lesesaal der Museumsgesellschaft, an diesem Ort des Studierens und Reflektierens, lauerte in den dunklen Ecken eine Aura der Missgunst.

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